Weinnasen in Brasilien 2008

XIV. Tanz um die "Hausfreundin"!

19.10.2008

Tach aber auch!

Nun sinds nur noch wenig Stunden, bis wir in froher Runde zur >Grande Fiesta< in die Feierhalle von Morro Redondo gehen. Noch wirbeln fleißige Hände und häufen sich Berge an selbstgeschlachtetem Fleisch, duften die gestern bis in die Nacht selbstgebackenen Kuchen und stehen verlockende Platten mit dekorierten, hausgemachten Pralinen und Gebäck auf allen Tischen und Gestellen. Es findet sich kein Platz mehr, um noch was abzustellen. Don Oswaldo fährt diese "Gourmet-Last" in steter Eile zur festlich dekorierten Halle und allen ist doch die Anspannung durch die Arbeit und Mühen -sowie Sorge ums Wetter und gutes Gelingen- nun anzusehen.
Ich bin sicher, es wird - dank dem besonderen brasilianischen Geschick, dem "Jeito" alles bestens klappen und der Frohsinn dieses Jubelfestes sich am Abend, mit Live-Musike und genügend Caipirinha einstellen. Gespannt bin ich auf die >Batidas<, Mixgetränke aus div. frischen Fruchtsäften mit etwas >Cachaca<, dem feurigen Zuckerrohrschnaps großzügig servierte, brasilianische Spezialität. Ob mir so nach dem vielen Genuß noch der Sinn zum "Tanzen ala Gaucho", ich sicher auf meinen Beinen stehe, dies muss sich zur Nacht dann noch zeigen.
Heute wird die bras. Uhrzeit geändert, d.h. um eine Stunde vorgestellt: es ist die bras. Sommerzeit nun angebrochen! Und, tatsächlich, nach 2 Wochen mit "gemischtem" -und sogar Unwetter- Frühlingswetter hat sich die Sonne wieder am azurblauen Himmel strahlend präsentiert. Als ein himmliches Geschenk: "Mesmo Deus brilhar" (=selbst "Gott strahlt")!

Die ersten, weitangereisten Gäste des Degen-Clan sind aus den östlichen Teilen von Rio Grande do Sul, den Missionsgebieten >Sta. Angelo< über Nacht (ca. 7 Std. über gute Alphalt-Straßen) angereist. Es herrscht schon jetzt eine fröhliche Stimmung. Denn nicht "alle Tage" sieht oder trifft man sich - die Weite des Landes (RS) lässt dies nicht zu. Die älteren der Angereisten sprechen noch "deitsch" und genießen es sichtlich, diese Kenntnisse an uns "auszuprobieren". Einige haben auch noch gelegentliche Kontakte nach und ab und an Besuche aus der BRD.
Es sind doch noch "schwache" Bindungen in die "alte Welt" vorhanden. Nur bei/mit der Jugend -unter 60 Jahre- wohl nicht mehr. Die dritte und vierte Generation kennt Deutschland nur noch aus Erzählungen oder gelegentlichen TV-Berichten. Meist wenns um Sport ("Beckenbauer" und "Schuhmacher" etc.) geht!

Der "Clan der Degen" ist in Brasilien seit Jahrzehnten "angekommen" =heimisch. Die Sprachinseln hier in Süd-Brasilien können hier nicht drüber hinwegtäuschen: Es sind "waschechte" Brasilianer, die ihr Land lieben und "deitsch" nur als Wurzel ihrer Kultur verstehen, die Herkunft aus verarmtem und kriegsverwüstetem deutschen Lande, in Errinnerung der Voreltern, nicht leugnen. Es ist verwunderlich, wenn wir bei unseren Touren so viele an deutsche Namen, Firmenbezeichnungen oder Ortsnahmen lesen, jedoch kaum einer deutsch versteht (seltener noch englisch) oder gar spricht. Man vermeint, bei den deutschen Namen fast in Deutschland, auch den Hügellandschaften nach, zu sein. Es ist für den Reisenden m.M.n. sehr wichtig, sich einige bras./portug. Redewendungen, wichtige Worte etc. vor Reiseantritt anzueignen oder zu lernen. Sonst sitzt man schnell dumm herum oder fest!
Wer, wie wir länger bleibt und abseits der Touri-Städte und Gebiete lebt, der MUSS sich in der BRD zumind. einen Anfänger-Sprachkurs "antun". Dies haben wir besonders in der frohen Runde der hier 2 Nächte/Tage feiernden Gäste "leidvoll" selber bemerkt. Deswegen saßen wir oft stumm-blickend am Rande der Runde herum und konnten unsere Konversation auf wenige Worte und "Deutungen" abstellen.

Aber nun kam die Freundin an! Ausgesucht hatte "sie" sich, die gastgebende Hausfrau Eveli. Scheints sich zu "ihrem" Feiertag als 40 Jahre lang Mutter und Hausfrau-Daseins in der Pampa. Und rechtzeitig vor dem Fest kam "sie" auch, von "Body-Guards" gebracht, kurz vor der hier früh beginnenden Nacht. "Sie" wurde bewundert und stolz vorgestellt. "Sie" gilt als modern und der Gastgeberin Traum. "Sie" ist in Brasilien so HEISS, und von Meisterklasse, begehrt wie selten auf der Pampa auffind- und sichtbar.
"Sie" gilt in Brasilien als exclusiv und innovativ. "Sie" ist 'ne für uns der der BRD/Europa so scheints mir, ganz normale >WASCHMASCHINE<!
Zwar eine, die die Wäsche "kochen" und schonend waschen sowie "sonnentrocken", aus 12 kg (!) Trommelinhalt, als "Freundin der modernen Hausfrau", liefern kann! Wie selten solch eine "Trumm" von "Weißer Ware" ist, konnten wir bei dem "Einkaufsbummel" durch sicherlich alle Haushaltswaren-Magazine und Bazare/Geschäfte selber sehen. Bei uns, da tun sie zu Dutzenden in jedem Geschäft stehen und die Sonderangebote in den Zeitungen stehen sich selber im Wege und drücken den Preis immer mehr und... fast in jedem Haushalt steht "sie", so gar nicht als mit 800, 1.000 oder 1.400 Schleudertouren. Heißwaser für "Kochwäsche" liefert sie auch und gehört m.W.n. in den hausfraulichen Alltag und steht stumm in fast jedem Haushalt rum. Oft ziert ein Häkeldeckchen oder passender Möbelumbau das E-Gerät. Oder es ist ein separater Raum fürs "Haushaltsmitglied" extra erbaut.

Und hier in brasilianischen Haushalten ist "sie" >so sehr, sehr teuer<, nur sehr, sehr selten anzutreffen und noch eine echte, bestaunte Rarität. So wie "sie" nun hier in strahlendweiß und als stolzer Hausfrauentraum, noch flammneu stand, war "sie" von allen Besuchern zur Grande Fiesta bewundert und bestaunt worden. Ihre "Vorgängerin", ein schon ältliches, altes Mädchen, wurde in die Ecke gestellt - abgestellt. Es sollte die "Weiße Dame", die für sehr viel Geld ins Farmhaus kam, nun der Mittelpunkt der Hausfrauenfreude werden.
Vor Freude über den nun endlich in Erfüllung gegangenen alten Traum, die so lange gewünschte Modernisierung des Haushaltes und Erleichterung des Lebens auf dem Bauernhof des Don Oswaldo in Morro Redondo hatte Eveli den Abend sich Musik aufgelegt und fröhlich getanzt. Zu unser aller Erstaunen tat sich die zurückhaltende Gastgeberin etwas trauen, was selbst den in den "Tanz der Freude" einbezogenen Eheman tat sehr verwundern und mit in die Freude & Tanz einbeziehen. Und so "elektrisiert" wie die Stimmung ausgelassen und fröhlich wurde, wars 'ne sehr fröhliche Runde an dem Abend der Ankunft der "Hausfreundin"!
Doch, am nächsten frühen Farm-Morgen sah man die Gesichter von Oswaldo und Eveli etwas sorgenvoll am Frühstückstisch. Betreten erklärten Sie uns auf unsere drängenden Fragen, daß das "moderne Fräulein", die "neue Hausfreundin", nicht ohne "neuen Strom" funktionieren würde. Und den gebe es im Haus -noch- nicht. Z.Zt. wäre es nur eine einfache Stromversorgng, die umgestellt werden müsse. Dazu müssten Leitungen von der Straße ins Haus gelegt und Änderungsgenehmigungs-Nutzungsanträge bei der Behörde/Amt Stromversorger gestellt und... bewilligt werden müssen.
Und somit bekam das "hässliche Entlein", die ältliche, fast schon angestaubte Waschmaschine, die weder Koch- und Schleuderwäsche liefern (?) kann, ihre -vorläufige- Stellung im alten Farmhaus wieder und rumpelte schon tags drauf munter mit dem für "die Neue" angehäuften Wäscheberg, ihrer Arbeit fleißig und zuverlässig nachkommend.

Es ist hier also -in Brasiliens Süden-, noch längst nicht der Standard, eine Waschmaschine, geschweige mit dem für uns üblichen "Komfort" zu besitzen. Selbst die -ländliche- Stromversorgung gibt es in ihrer hohen Verbreitung erst, seitdem eines der größten Wasserkraftwerke der Welt seinen Dienst seit einigen Jahren tut und eine regelmäßige, flächendeckende Energieversorgung aufgenommen hat. Das Kraftwerk am ITAIPU-Staudamm beliefert die beiden Anrainer-Staaten Paraguay und Argentinien dabei ebenfalls mit dem die Entwicklung fördernden Strom.
Ca. 12 km nördlich vom >Foz do Iguácu<, den berühmten und pitoresken Wasserfällen arbeitet dieses 2. größte Projekt der Welt mit dem Wasser des Rio Paraná mit seinen durchschn. 8.450 Kubikmeter pro Sekunde (Rhein = ca. 4.000!). Mit 18 Milliarden US$ und einer ges. Plan- und Bauzeit vom Mai 1975 bis zur 1. Ausbauphase kam dieses gewaltige, seit 1966 (!) geplante Projekt den Landesentwicklungen und den Menschen in weiten Regionen beider Länder zugute.
Zeitweise arbeiteten hier bis zu 40.000 spezialisierte Arbeiter und Ingenieure, die 87 Mio. km3 an Felsen und Böden bewegten und 12,3 (!) Mio. km3 an Beton verarbeiten mussten. Dann stand das Stau-Kraftwerk der Superlative mit einer Höhe von 220 m und Breite von 273 m auf einer Länge von 7.755 m und ca. 2.000 betonierten Haupt- und Seitendamm und 14 Schleusen-Systemen. Mit den Riesen-Generatoren wird die Mega-Leistung von ca. 63.000 km3 Wasserleistung, in 14.000 MW Gleich-(Brasilien) und Wechsel-(Paraguay)strom in einer Kapazitätsgröße von etwa 13 (!) "üblichen" Atommeilern (AKWs) erzeugt.

Diese Mega-Leistung zeigt den Willen des Landes zur Innovation und Moderne und liefert auch den Strom für die "neue Hausfreundin" und sichere Energie rings im Lande. Wers genauer bestaunen und mehr wissen will, der sollte bei einem Besuch der "5 Highlights Brasiliens", dem >Cataratas do Iguacu<, nebst "Nationalpark von Iguacu", dem seit 200 Millionen Jahre alten (vulkan. Ursprungs) als wohl schönsten Wasserfällen der Welt, dies tun.
Bemerkenswert: Dieses Wasserfall-Gebiet, das im Land der Guarani und Kaingang liegt, war bis 1930 im privaten Großgrundbesitz der deutschstämmigen Siedlerfamilie Friedrich Engel, die dieses 2.700 m breite Naturschauspiel, mit durchschn. Fallhöhen von 50/80 m und bis zu 10.000 km3 per Sekunde, genossen! Wer sich für die MegaTechnik interessiert der schaue hier mal nach: www.itaipu.gov.br/visit.htm

Das ich mich bemühen werde, dieses Highlight des Iguacu (="grosses Wasser", auf guar.) auch mit meiner Frau zu besichtigen, versteht sich wohl. Ein paar Tage werden dafür -mit Besuch im Nationalpark- schon notwendig für diese weite Anreise und das tolle Naturschauspiel nebst Naturpark (www.fozdoiguacu.com.br oder www.fozdoiguacu.pr.gov.br) im Nachbar-Bundesland >Parana< mit seiner Touristen-Hochburg, der Stadt gleichen Namens. Der seit 1986 zum UN-Weltkulturerbe (1939 gegründet) zählende Park mit ca. 186.000 ha und die 22 (!) Fälle "Saldo do Iguacu" mit dem grandiosen Spektakel des "Garganta do Diabolo", dem "Teufelsschlund", am Sta. Maria-Fall,dies möchten wir gerne ausgiebig besichtigen und auch mal (eine?) im exclusiven Hotel >"Tropical das Cataratas"< die Nacht, statt in der "Hängemattenklasse", verbringen. Das Hotel Bella Italia wirds mit 40 Euro/DZ wohl werden.

CpS


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