Weinnasen in Brasilien 2008

XIX. Bester Tisch beim "Hai-Fisch"!

27.10.2008

Tach aber auch!

Die so übliche Urlaubszeit eines Touris, 3 Wochen, haben wir nun in der Pampa, im Gaucho-Land von Süd-Brasilien zugebracht. Zwei Unwetter -eines von unglaublicher Zerstörungskraft- haben uns wie die wattigen Nebel in den grünen Hügeln bei Morro Redondo, sengende Hitze auf sandig-staubigen Pampa-Pisten, ein zerbrochenes Bett und "häusliche Veränderugnen" nicht viel ausgemacht. Wir sind gespannt, was uns dieses Land Rio Grande do Sul noch so alles bringen wird. Nichts hat uns von unserer Idee, in Brasilien zu bleiben, so richtig abgeschreckt.
Mit jedem Einkauf und Besuch in Pelotas Centro, bereuen wir unseren Versuch immer weniger. Denn die ersten Tage wirkte die wuselige Kreisstadt auf uns sehr... "abschreckend" und verwirrend. Beim letzten Besuch am Freitag haben wir wieder etwas für uns so "spannendes" entdeckt: Ein -altes- Kaffeehaus aus den 50iger Jahren. Marmor-Tische, -böden und halbhoch an den Wänden. Darüber Fotos aus einer längst vergangenen, prächtigen Zeit der damaligen Moderne und beginnenden Fortschritts. Kleine Holzstühle und eine riesige U-förmige Theke aus altersdunklem Holz. Dahinter flinke, freundliche und "uniformierte" junge Damen, die stetig frischen Kaffee aufbrühten und via der Theke im gesamten, großen Raum verteilten. Bezahlen muß man erst, später wurden dann die begehten Tassen rübergereicht.
Das besondere an diesem Café waren aber die raumhoch verglasten Fenster des Eckhauses an der >Rua Quinze do Novembro< im Fußgängerbereich des Centro-Bezirks von Pelotas. Das lustige Logo des Cafés ist ein im Frack servierender Haifisch mit einem Tablett mit dampfender Kaffeekanne. Und wohl daher hat das Café den in Pelotas bekannten Namen >"Cafe Aquario"< =Aquarium; wegen der sonst nicht so üblichen riesigen Fenstereck-Front.
Da das "Aquario" direkt neben der örtlichen Handelskammer, sehr zentral liegt, war es proppevoll und es war von überwiegend sehr laut diskutierenden Männern besucht. Kurz nach 11:00 Uhr wurde es urplötzlich leer und auffallend still in dem großen Raum. Und dann begriffen wir die unerwartete Leere und Stille: Die Pelota-Morgenpost, die frühe regionale Tageszeitung, wurde verkauft. Und dies ließ alle Männer zum Straßenhändler rausrennen. Ein jeder wollte wohl als Erster die weltbewegenden Neuigkeiten, Aktien- und Währungskurse (!) kennen.
Und mit den druckfrischen Zeitungen in der Hand begann dann ein an Aufruhr erinnernder, ungeheurer Lärm und Geschreie. Ein jeder der männlichen Café-Besucher wollte seinen Nachbarn seine Meinung zum Zeitungsbericht zurufen. Und alle Diskutanten geiferten durcheinander. An einigen Tischen, mit gutgekleideten älteren Herren, wurde über die Politik -z.Zt. ist in Brasilien "Wahlkampfstimmung"- geeifert und sich über die Fehler der gegnerischen Partei ereifert.
Zwar konnten wir kaum etwas von dem "eifrigen", lauten Gesprächen neben, hinter, seitwärts -und sogar über unser Köpfe hinüber- verstehen. Es schien aber nicht nur um Politik, sondern auch um den US-$ und die Sorge um die brasilianische Währung, die galoppierende Inflation und Angst um eine weltweite Wirtschaftskrise, sportliche Ereignisse und "Landwirtschaftspreise", von jungen Burschen bis zum Greise, gar nicht leise, zu gehen.

Brigitte ging quer über die enge Kreuzung in ein mir unbekanntes Geschäft, dessen Warenangebot ich von meinem Aquarium-Fensterplatz nicht erkennen konnte, und kaum eine halbe Stunde später, stand sie vergnügt strahlend mit einem kleine, weißen Pappschächtelchen in der Hand vor mir und lachte mich ob meiner neugierigen Fragerei aus. Kaum hatte sies Schächtelchen geöffnet, kam ein Duft von frischem Kakao, Mandeln und Fruchtaromen zum Duft des Kaffes. Eine irre Geschmacks-Symphonie von exclusiven, zuckrigen Süßigkeiten der >"Dolcaria Pelotense"<, einem der vielen Süßigkeiten, Torten und Pralinen-Geschäfte (mit eigner Produktion von Spezialitäten der "Marke Hüftgold"), für das Pelotas landesweit berühmt ist, stand nur wenige Sekunden -bestaunt von mir- auf dem winzigen Tisch. Dann wars Packerl leer, der würzige, duftende kleine Kaffee in schwarz ebenso.
Und so "gestärkt" verließen wir lebensfroh diese "Naschecke" mit Namen "Aquarium" in Pelotas Fußgängerzone. Da, wo der "Haifisch" so tollen, stets frischgebrühten Kafee macht und lacht, von dort gingen wir doch etwas grinsend ob der Herrengespräche mit Lautstärken und Eifer, die bei uns einen handfesten Streit signalisieren, hier nur ein lautes, wichtigtuerisches Macho-Gehabe scheints ist. Bislang haben wir solch ein Kaffeehaus vermisst. Nun wisst ihr, wo man uns gegen 10:30 Uhr in der Gaucho-Stadt Pelotas sitzen und leicht lächelnd sieht. Und dies, obwohl wir von den Gesprächen "nicht die Bohne" verstehen. Wir werden wohl immer hingehen, wenn wir in Pelotas -einkaufen- sind!

Unweit davon hat mich ein kleines Werbeschild aufmerksam gemacht, daß dies der sehr unschöne, lange und dunkle Eingang zu einer Chopperia mit Restaurant seit 1956 (!) seie. Und zwar neben der im Kreis bekannten Konditorei "Otto", die zu den ältesten dieser Art in Pelotas gehört. Lange wird dieses Faßbier-Restaurant wohl sicherlich nicht auf unseren mittäglichen Besuch und Versuch, mit der "unbekannten" Speisekarte klarzukommen, warten müssen.
Schließlich werden wir nun wohl öfter als geplant in Pelotas einkaufen "müssen". Neues an Spezialitäten und Originalitäten ausmachen und uns öfter aus den sanften, grünen Pampa-Bergen ins städtische, hektische, laute, verwirrende Leben aufmachen. Wer hätte dies noch vor Tagen geahnt - und wie der Haifisch so charmant uns anlächeln konnte!!

Eine andere Fußmarsch-Richtung gingen wir dann über 3 km heiter durch einen neuen, freundlich wirkenden Stadtteil, "Avenidas" genannt, weiter und sahen einiges was uns nun doch gefiel. Wir liefen, nun neugierig geworden, weiter nach Norden und für unsere Füße viel zu viel. Tja, wer Wiesen und Landpisten in der Pampa gewohnt ist, den lässt das harte Pflaster der Stadt Pelotas schnell müde und fußlahm werden.
Schübe an Neugier hin und Einkaufswünsche her, nach dem Bummel von 2 1/2 Std. konnten und mochten wir nicht mehr, und machten uns über eine rieseige Auswahl an Eis in einer spez. Eiskonditorei genüßlich und erholsam her. Klar doch... und verspürten keinen Wunsch nach einen pelotensischen Mittagessen mehr. Das Chopp-Restaurant kann auf unseren nächsten Besuch in Pelotas warten. Auch wenn wir nichts dringendes einkaufen müssen. Der Bus wird uns flott und rumpelnd hinbringen und wir in dem v.g. Restaurant uns zu einem "Test-Essen" durchringen: ihr werdet es ja bald lesen!

Noch immer ist die Sonne sehr verhalten, uns Alten hier den den grünen Pampa-Hügeln kaum erschienen. Da war es uns bisher auch egal, die >"Praia do Laranjal"<, vor Pelotas Stadttor im Westen, noch nicht von ihrer "besten" sonnigen Strandseite am See, dem "Lagoa dos Patos" kennengelernt zu haben (4). Dafür war die gestrige Nacht wieder ein Sternen-Festival am dunklen Firmament. Besonders intensiv, weil hier keine Straßenbeleuchtung, kein "Licht-Smog" einer nahen Stadt oder vom Dorf diesen fantastischen Blick trübt und schmälert.
Eine sehr seltsam sich in dem Hügel hinterm Garten "bewegende" Sternschnuppe hatte mich gebannt und erstaunt. Ihr Zick-Zack-Kurs war wie das taumelnde Gehabe eines Betrunkenen. Und da begriff ichs: Paulo-Cäsar, unser Haus- und Hof-Faktotum ging vor seinem Häuschen die "Wachrunde" ums Grundstück im Scheine seiner funzeligen Laterne!
Einen Tag in der Pampa, den wir zur frühen Nacht, gegen 20:30 Uhr, mit einem kleinen Lächeln beendeten und -müde von der "Excursion" in Pelotas- unsere friedliche Nachtruhe genossen haben.

Und heute wollen wir uns mit Oswaldo gemeinsam dem Problem unserer möglichen, zeitweisen Unterkunft und Nutzung der kleinen "Casa Verde" stellen und beraten. Also... schaun mer mal, was uns der recht kühle (18°C bloß!) Tag in Morro Redondo, nach 3 Wochen im Pampa-Land (der Gauchos) nun bringt und unsere Zukunft etwas freundlicher erscheinen lässt. Zumindest für die nächsten beiden Sondierungs- und Erforschungs-Monate des Sommers in Süd-Brasilien.
Ob wir hier "aufblühen" werden? So wie die Lilien hier auf dem Felde ringsum?? Also... bestimmt ziehen wir in Bälde aber um!

CpS & BiWi,die hier noch sehr unsicher sind!


Copyright © 2007-2015 by Christian Segers - All rights reserved.
Last modified: