Weinnase in Brasilien 2008

XXXIV. Es soll dort schön sein...!

08.11.2008

Tach aber auch!

Sie, unsere "Nachbarin" Eveli, sagte uns dies. Es soll sehr schön sein. Sie selber wusste es aber nur aus den Erzählungen ihrer Kinder von Schulausflügen her. Hier, an der >Costa Doce<, der "Süßen Küste" am Lagoa dos Patos, der riesigen Süßwasser-Lagune. Und von Morro Redondo -via Pelotas- waren wir in 2 1/2 Std. Bus-Tour denn auch dort: SAO LOURENCO DO SUL!
Ein kleiner Ort mit kleinen sauber-bunten Häuschen und drei Stränden um den Ort, am Rande und mit einer "grünen Zone" am seichten und sauberen Wasser.

Hier, wo die einstigen aus Deutschland stammenden Siedler noch stark in ihrer bäuerlichen Tradition und Kultur, in um den städtischen Kern gelegenen kleinen Weilern und riesigen Gehöften seit 1858 leben und erfolgreich eine ökologische Landwirtschaft betreiben. Und sie haben sich touristisch organisiert. Längs des >Caminho Pomerano< bieten sie ihre Produkte und hausgemachten Erzeugnisse an. Neugierige können in 5-6 Stunden eine Runde in eine über 150 Jahre alte Gastlichkeit und Zeit (per Taxi!) unternehmen. Die 8-10 sich für Besucher geöffneten Familienbetriebe bieten zu dem gastronomische Spezialitäten der Region und Tradition gastfrundlich und sehr preiswert an und freuen sich besonders auf Besucher aus der fast vergessenen "Alten Heimat". Ihre Feste, z.Bsp. das Süd-Oktoberfest sind berühmte und gutbesuchte Ereignisse in dem flachen Land, am Rande der Lagune in Richtung Porto Alegre (ca. 200 km) und 70 km bis Pelotas >BR 116< und gut, über asphaltierte Straßen per Bus erreichbar: www.saolourencodosul.rs.gov.br.
Noch war keine Saison, die Strände menschenleer und die kl. -wenigen- Restaurants hatten noch alle geschlossen. Fischer gingen in Ruhe ihrem Handwerk nach und wir "längs der Nase" durch den hübschen Ort und an verträumten Buchten über 3 1/2 Std. entlang.

In Erinnerung an die glorreiche Vergangenheit der "wilden" Gaucho-Zeiten und ihrer erfolgreichen "Abwehrkämpfe" gegen die Bestrebungen des mächtigen Staates Sao Paulo und der Nachbarstaaten Uruguay und Argentinien, hat sich 1737 eine "verschworene" Gemeinschaft der einst gefürchteten "Wilden Schar" auf ihren kleinen, zähen Pferden gebildet.
Ein prächtiger Aufzug, in historischen Uniformen und wehenden Fahnen soll der nun 10.te >Cavaleiros da Costa Doce< werden. Und wie vor Jahren schon, kommen die Reiter -stolz und als verwegen geltend- von vielen Orten, teils sehr weit her, um an diesem pitoreskem "Schauspiel der Reiterei" -so wie wieder am 16.-25. Janeiro 2009- teilzunehmen: www.cavaleirosdacostadoce.com.br. Selbst von Uruguay (Chay) sollen Reiter dabei mitwirken. Hier präsentiert sich das Gaucho-Land von seiner stolzen -historischen- Seite.
Auf der riesigen Süßwasser-Lagune finden in der Saison Segel-Regatten statt. Surfer in ihren bunten Schutzkleidung jagen übers seichte Wasser und nutzen den steten, kühlen Wind, der vom Atlantik landwärts zieht.

Uns zog es unter riesigen Bäumen und korallenroten oder so intensiv tintenblauen Blüten in den "erfrischenden" Schatten mit Seeblick über romantische Buchten mit vielen Wasservögeln. Meine Gedanken gingen an die Menschen, die s.Zt. ihre Heimat Pommern aus tiefster Not heraus verlassen und sich hier eine wahrhaft paradiesische Natur zur Neuen Heimat als Kolonisten -erfolgreich- gemacht haben. Über meine Großmutter Martha -aus Danzig stammend- weiß ich nur etwas über dieses Land Pommern im Osten Deutschlands, genaus abseits wie hier Rio Grande do Sul gelegen.
Die Nähe zur Ostsee muß diese Siedler vor 150 u. m. an Jahren, doch sehr an ihre alte, aufgegebene Heimat erinnert haben. Dichte Wälder, Sandstrände an der Lagune u.a. Atlantik, satter, fruchtbarer Boden und unendlich weite, grüne Wiesen und Weiden, durch die Flüsse der Lagune entgegenziehen. Am Rande der Ausläufer des Küstengebirges und unter einer sehr intensiven Sonne Süd-Brasiliens, die uns mit 34°C im Schatten doch arg ins Schwitzen brachte.
Was hätten wir alles gerne dafür gegeben, hier ein geöffnetes Restaurant, Café oder 'ne Strandbude mit kühlen Getränken zu finden. Die Pousadas hatten geschlossen, nur die der Maria Cecilia nicht. Dieses ansprechende kleine Eckhaus direkt am Strand/Ufer hat das ganze Jahr geöffnet und ist an der Aven. Vargas 2642 (53-3251.1629) unter dem Namen "BELLA LUA" leicht zu finden. Ein kleines, freundlich wirkendes Restaurant (frische See-Fisch-Angebote) gibts auch. Die anderen 3 Pousadas waren uns nicht zugänglich, wirkten aber ansprechend und lagen an der gleichen Uferstraße unter Bäumen und schienen von kommenden Gästen zu träumen. Ein Segel-Club nebst -Schule war auch präsent.
Das der Tourismus hier noch in "Baby-Strümpfen" steckt, kann man daran erkennen, daß es hier nur, in Bälde, ein 4-Geschoß-Neubau eines Hotels mit Balkonen, Restaurant und Park-/Pool-Bereich an gleicher Promenade geben (wann?) wird. Dieser Neubau wirkt so modern, daß das nach Art und Größe (Höhe!) auffällige große Haus bald seine Gäste anziehen wird. Ob dieses Hotel nun das Startzeichen der vom bras. Staat gepriesenen Tourismus-Initiative sein soll und andere Häuser in dem verträumten Ort nachziehen wird?

Uns ist klar, daß dies nur ein kurzer Sonntags-Ausflug war und wir längst nicht alles sehen und erfahren konnten. Dann rechtzeitig gegen 16:00 Uhr mußten wir den Bus -via der Rodeviaria in Pelotas- bekommen, um zum Abend, gegen 19:30 in MoRe zu sein. Müde, sonnengebräunt aber so davon überzeugt, daß das ein Ort sein könnte, von dem wir im kalten Winter Deutschlands geträumt haben.
Der Ort liegt am in Brasilien bekannten "Caminho Farrou pilha" - benannt nach der gleichnamigen Revolution, an der auch der ital. Freiheitskämpfer Giuseppe Garibaldi als Truppenkommandeur sich -erfolgreich- gegen die Landnahme gieriger Nachbarn auf der Seite der Gauchos wehrte und noch immer hier imn Pampa-Lande (Weinstadt gleichen Namens in der Serra Gaucha, bei Bento Goncalves!) hoch verehrt wird. So wie in einigen anderen lateinamerikanischen Staaten ebenso!

Hungrig kamen wir, aber überaus beeindruckt von dieser doch noch so unverfälschten Natur in MoRe an. Für die Busfahren (2 Personen!) gaben wir 50,10 R$, ca. 21 Euro aus und waren von 8:00 bis 20:00 Uhr aus dem (alten Farm-)Haus auf Tour und Spur in die Vergangenheit der Menschen, die dieses Land so geprägt haben und deren deutsche Namen fast allgegenwärtig sind. Leider aber nicht mehr die "deitsche" Sprache. Was für uns doch sehr behindernd ist und kaum Kontakte ob unsere "Sprachlosigkeit" zulässt!
Irgendwie schien uns der Mond zum frühen Abend etwas heller auf die Teller, die vor uns auf der Terrasse im kühlenden Abendwind standen. Die Erdbeeren schmeckten -garantiert- besser als ich seit Jahren in dieser Größe und Reife mit intensivem Geschmack je auf den Milchreis bekam. Reis aus unserer Nachbarschaft vom Lagoa dos Patos, frische Kuhmilch vom Nachbarn, den braunen Zucker von den Zuckerrohr-Plantagen in der Umgebung, den Zimt vom eigenen Baum im Garten des Farmhauses. Und dann noch 24°C (um 21:00 Uhr unter sternenklarem Himmel.
Selbst die bellenden Frösche, die "knatschenden" Frösche und die "Ping"-machenden Frösche störten uns nicht mehr. Nur Nachbars "Lumpenhund", der den hellen Vollmond anbellte, störte unseren Frieden zur frühen Pampa-Nacht!

Es mag dem Leser doch langweilig vorkommen, so wie wir hier in der Pampa leben und uns umsehen, nur... so friedlich und beruhigend kommt mirs Leben entgegen, daß ich ganz vergessen habe, ob Obama nun US-Präsident oder Osama wieder mit seinem Hass die Welt abbrennt oder der US-Dollar auf Tiefststand endete, sich die Welt -Bankenkrise nun beendete- ich weiß es nicht. Wills auch gar nicht wissen.
Von all dem Wissen bin ich doch ein Stück krank geworden. Hier komme ich -abgeschieden- zur wohltuenden Ruhe in einer bäuerlichen Einfachheit und Gast in einer schon längst in Europa "vergangenen" Welt.
Hier, wo es mir so doch gefällt!

CpS


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