Weinnase in Brasilien 2008

Fazit nach 2 Monaten in Süd-Ost Brasiliens Gaucho-Land, der Pampa!

1. Advent

Unser Leben auf der Farm in Morro Redondo, hier wo "die Uhren anders gehen", ist ein bescheidenes Dasein im Abseits der Pampa des Gaucho-Landes. Die Miete für ein kleines Haus mit 2 Schlafzimmern, Küche, kleiner Selbstversorger-Garten und eine Dusche mit WC liegt zwischen 210 + 380 R$ (ca. 87-158 Euro >Nov. 2008<) pro Monat. Energie- und Wasserkosten sind hier preiswert aber für mich nicht genau fixierbar; dürften aber bei 35-45 R$ wohl liegen.

Für die 2 ltr. kuhwarme Frischmilch sind 2 R$ und für 12 dicke Eier von freilaufenden Hühnern und kämpferischen Hähnen -stolz im bunten Gefieder- bewacht, zahlen wir unserem Nachbarn hier 2 R$. Brot wird über die Paderia 2 x täglich, sonntags nur bis Mittags, frisch gebacken und kommt uns 2,44 R$ für 10 kleine Brote (2 1/2-fach so groß wie unsere besten Brötchen). Die Fl. Premium-Pils steht für 2 R$, der beste Cachaca für 4,10 R$ im Regal. Ne dicke Mango ist für 1 R$, die große Papaya für 2,20 R$, ökologisch angebaut, ein geschmackliches Gedicht. Der beste Pulver-Kaffee kommt uns, mit 6,40 R$ relativ teuer vor. Dafür ist 1. Klasse Rinderfilet mit ca. 8 R$ eine Delikatesse. Die Auswahl an Wurst und Käse ist sehr beschränkt aber stets 1. Wahl und für 1/3 der deutschen Preise hier im Kühl-Regal des Mini-Mini-Market "Casa Verde".

Das Busfahren ist unsere teuerste "Leidenschaft", die für uns bis Pelotas (67 km) und zurück, je nach Route, 12 R$ abverlangt (pro Pers.). Im Gebiet von Morro Redondo sinds dann 5,60 R$. Beachtet man aber die Fahrstrecke, ists deutlich preiswerter als per "DB" oder "Rheinbahn" und ein pünktlicher, zuverlässiger wie hilfsbereit/freundlicher Service!

Brot, schwarze Bohnen, Reis, Mehl und Öl gehören hier, wie Zucker, zu den Grundnahrungsmitteln und sind sehr preiswert. Das Gemüseangebot ist dürftig, weil hier fast alle Selbstversorger sind. Z. Zt. ist Erdbeer- und Pfirsich-Saison. Saftig-gelbe Riesen-Dinger sind für 2 R$ je kg, die vollmundigen "Bilderbuch-Erdbeeren" für 4 R$ -Tendenz mit fallenden Preisen- zu haben! 2 Liter bestes Mineralwasser aus der Serra Gaucha (com Gas) kostet 1,75 R$.
Die Lebenshaltungskosten hier in der abseitigen Pampa ist angenehm günstig, leider is nicht "alles" hier zu haben, sondern müssen wir umständlich per Bus aus der Kreisstadt Pelotas anschleppen (Fahrgeld!) und dafür fast 1 Tag an Zeit in Kauf nehmen.

Kleidung und Lederwaren sind hier - Pelotas oder Rio Grande - deutlich günstiger als in Europa, da sie meist von hier exportiert werden. Haushalts- und Elektro-Geräte sind dafür teurer - wenn man nicht von Uruguay/Paraguay die Schmugglerdienste in Anspruch nimmt. Möbel -Holz- ist eine Geschmacksfrage, aber dafür "billiger" als bei IKEA. Sich hier also fürs "Pampa-Leben" einzurichten und bescheidenes Leben ist im Gaucho-Land mit ca. 600 Euro für 2 Personen, und ohne große Ansprüche, incl. Miete und gelegentliche Busfahrten, möglich.
Die "Krankenversorgung" macht uns hier hingegen große Sorgen. Das "Hospital" im Dorf auf dem "Runden Berg" ist ein medizinischer Zweig und nur für den äußersten Notfall -und sieht selber wie einer aus- eingerichtet. Das nächste Krankenhaus wäre in Pelotas oder besser noch in Porto Alegre (UNI-Krhs.). Nur... bei den Fahrzeiten wäre ich nicht gerne -ernsthaft/akut- krank. Zumal das Sprachproblem nicht zu unterschätzen ist. Die Apotheken sind dafür relativ gut ausgestattet -Pelotas-, sogar in MoRe ist eine hilfsbereite, saubere "Farmacia" im Dorf vorhanden und kann preiswerte Medizin -auch ohne ärztliches Attest- "verordnen". Ansonsten hilft hier der altbewährte Kräutergarten und viel Gottvertrauen.

Intern. Literatur, News oder ein ansprechendes Kulturangebot habe ich bis jetzt noch nirgendwo entdeckt. Per Satellit kann ich -sehr teuer- America do Sul empfangen, wenn nicht gradeder Blitz oder Stromausfall dies verhindert. Mit meinem Handy muß ich schweißtreibend den "beraufwärts Trab" einlegen und kann dann nach ca. 20 Min. auch mal was senden/empfangen.
Die öffentl. Telefonversorgung ist mehr als dürftig und entweder nur regional oder national in unserem Bereich. Der telef. Festanschluß ist zwar mgölich, aber es dauert... sehr, sehr lange, bis der gelegt/geschaltet wird. Auch der Strom ist sehr versorgungsanfällig und i.d.R. nur 2-polig und bringt für unsere (Stecker-)System doch oft Probleme auf. Gekocht wird im Winter/kühlender Jahreszeit mit Holz (!) aus eigenem Schlag oder per Gas aus der 20 ltr. Propan-Flasche (teuer!).
Per normalem Radio hören wir den Sender Pelotas störungs- dafür aber nicht (lästig!!!) werbefrei. Nur die "Gaucho-Musik" ist nicht immer unser Gefallen und damit ist auch dieser Punkt erledigt!

Die Menschen hier sind fröhlich (=laut!) und hilfsbereit (nur sprechen sie ein kaum für uns z.Zt verständliches "brasileiro") und wir doch oft hilflos in dem Chaos der hiesigen Systeme, Warenangebote und Ordnungsregeln. Von den mangelnden Sozialkontakten wollen wir lieber schweigen!
Sonntags gehen wir zum Rest./Hotel "FISS" ins Dorf. Dann ist delikates Churrasco/Rodizio angesagt. 2 Std. lang werden immer wieder verschiedene Stücke gegrilltes Fleisch vom Rind, Schwein, Nieren, Leber, Huhn und würzige, grobe Wurst auf den Teller gelegt. Vom großen Bufett bedient man sich von superfrischen landestypischen Angeboten: Salaten, Gemüsen, Obst, Süßspeisen, Teigwaren (hier "Massa" genannt) und üppigen Kuchen mit Café (oder Thé). Dieses Fleisch-Vergnügen kostet -soviel/lange man essen will (und kann!!) dann nur sagenhafte 15 R$ pro Person (=6,25 Euro!!!); den "Caipirinha" zum Start bekommen wir als Stammgäste kostenlos dazu. Und den Rückweg "para pé" -zu Fuß- für ca. 1 1/2 Std. als Verdauungs-Übung noch dazu (weil kein Bus mehr fährt bis zum frühen Abend, das Rodizio aber nur bis 14:30 Uhr geht!).
Einsamkeit muß man -und sich- ertragen können. Genügsamkeit käme noch dazu und eine oft "ruppige" Natur (Unwetter!), Dafür erlebt man aber ein naturnahes, unverfälschtes Dasien, fast einer "Zeitreise" in die Zeit der 50/60 Jhre des vergangen Jahrhunderts.

Der Herr Pastor schneidet einem -nur mit Messer und Schere- gekonnt Bart und Haar. Reiten lernen, Kutschfahrten unternehmen und im "Casa Verde", dem Mini-Mini-Market bei uns im Passo do Valdez den Klatsch, die Nachbarn und die Probleme der hiesigen Armut kennenlernen. Bei Pelotas an der Lagune oder bei Rio Grande am Atlantikstrand baden gehen und den Garten, die Felder/Äcker sowie Tiere helfen zu versorgen. Heute sowie morgen, übermorgen, und die nächsten 20 Jahre!

Dies ist nun hier unsere große Frage: Können und wollen wir dies Paradies in Gemütlichkeit und Abgeschiedenheit "ertragen"?
Dies müssen wir uns nun... fragen!!!

CpS


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