Weinnasen Pilgerreise 2004

Pilgern heisst auch, sich seiner bewusst werden!


26.10.2004

Zwischenbericht einer pilgernden Weinnase!

Mit dem Ausruf "Du... Schauspieler" wollte mein Vater mich nicht loben oder auszeichnen. Wenn er -damals- über mich etwas sagte, befragt wurde -so berichtete man mir -fingen seine Sätze, seine Antworten immer -jahrelang- mit... "Mein sohn, der Herr Schauspieler..." an.

Mit diesem, von mir gewählten Beruf in der Ausbildung, hatte ich meinen erz-konservativen Vater geschockt; getroffen in seinem Lebensbild für mich. Seinem einzigen Sohn und "Erblast-Träger", den verstand er nun nicht mehr.
Und ich verstand die Bretter, die nun für mich so die Welt bedeuten sollten, noch nicht so ganz. Sollt eich in Rollen schlüpfen, die ich dann pefekt auskleiden sollte? Oder mich als Persönlichkeit darstellen, Rollen darstellen?

Noch war ich mir und meiner Lehrerin, Frau Lohmann, nicht "so grün". War extrem unsicher. Unerfahren, aber >stolz< mit "bei der Truppe" zu sein. Ein -zukünftiger- Schauspieler >Theaterschauspieler< zu sein. Das war mein Streben, das war mein Sein und Herausforderung.
Zu mehr als zum "Knall-Chargen" hat's bei mir aber nitt gereicht; dies ist mein eigenes Urteil!

Die "RILKE-Melancholie" liegt über dem Rheintal! Nebel, Windböen und regenschwere Wolkenfetzen. >RMR< =Rainer Maria Rilke, der Jahrhundert-Dichter deutscher Sprache fällt mir ein. Er würde diese spez. Stimmung hier am Mittelrhein bei Bingen, sich zum Rheingau öffnend, einen so typischen Ausdruck in Sprache verleihen könne. Rezitieren könnte ich ihn dann. Selber in dieser "RILKE-Farbe" dichten, vermag ich jedoch nicht.

Es liegt ein Duft von Wasser, Algen und Kiesel in der herbstlichen Luft. Laub und Modergeruch -noch sehr fein- stimmen mit den kräftigen Farben der Bäume und Hecken, der Rebstöcke und Sträucher, in den Herbstgesang des Jahres 2004 mit ein. Hie rim Tal des deutschen "Schicksalsfluß", des Rhein!
Die Burgruine auf der Höhe des steilen Einschnittes, düster, dunkel um Hintergrund. Ein Mahnmal der Vergänglichkeit menschlichen Seins und Schaffens.

Das Rheintal, das romantische Tal der Loreley und des "Goldenen Weines" liegt nun, in herber Schönheit, hinter mir.
Meine Augen sind entzündet. Die Schleimhaut-Reizung quält mich. Kaum etwas lesen kann ich. Und dazu noch die Krämpfe. Im Darm und im lk. Bein. Diese Nacht war ich 2 x von argen Krämpfen gequält aufgewacht. Daher bin ich hundemüde und nicht -wie sonst üblich- "frohgemut" in den Tag gegangen. Genau genommen bin ich nicht losgegangen, sondern nur zum Frühstück und zum Call-Shop kurz rübergegange. Nix war an wirklich wichtiger email vorliegend. Den Ort Olargues/Lisson im Midi konnte mein "blöder" Internet-Routenplaner nitt finden. Und somit ist meine Laune auch nitt besser geworden.
Von Barbara Becker, meiner ECHTEN WEinfreundin hab' ich noch keine SMS zu meinen Anfragen erhalten. Nur um 9:00 Uhr einen Anruf vom Claus "mit C", datt der Friedel Neuber so überraschend -grad 69- am Wochenende verstorben sei. Damit ist NRW, die BRD, einen markanten Kopp ärmer geworden.

Der "Rote Pate" von NRW und Ex-Former des WEST-LB-Bankenkonzern, als Nachfolger von "König Ludwig" Poullain und Reformer brachte er an 500 Millionen Umsatz in den landeseigenen Banken-Konzern in Düsseldorf. Bis 2001 führte er die "West-LB" als Vorsitzender, Kettenraucher und Medoc-Weinliebhaber. Geboren im Pott, in Rheinhausen. Der gelernte Buchhalter und "blonder Recke" (2-m-Mann!) war schon mit 20 im NRW-Landtag ein gesuchter Experte. Als Bankvorstand wuchs sein Einfluss in Wirtschaft und Politik so "beängstigend", datt "böse Zungen" in ihm den "wahren" Herrn von NRW -und nitt seinen Duz-Freund Johannes Rau als "MP"- sahen!
Neuber, dessen gewichtige wie "rauchige" Stimme in der BRD, besondern bei seinen Banker-Kollegen watt galt, war gegen jede Gewalt durch direkte Einflußnahme. Geschickte "Politik" setzte er ein, um so und stets zu seinen Zielen zu kommen. Meinen Respekt hatte der Sohn eines Kruppianer's aus'm Pott.
Bedauerlich ist's datt er nun nitt mehr -hinter den Kulissen- so ratgebend und voraussehend agieren kann; helfen kann. Und zur Hilfe konnte man ihn jederzeit "einspannen" und sicher sein, nitt allein zu bleiben! Wohl noch viele Nachrufe und "Betroffeneitsanzeigen" werden folgen und ein Mensch von besonderem Format mir fehlen!

Wer, wie ich, gerne mit seinen Nachbarn, Mitmenschen spricht, der wird's wohl kaum für möglich halten, wie selten ich -außer mit der "Alten Dame" bei Sankt-Goar und meiner "Gartenfreundin"- mit mir sprechen lasse.
Ich geh' jedem Gespräch aus'm Weg! Halte mich zurück und mehr abseits. Bin äußerlich "stiller" geworden. Dafür rede ich mehr mit mir.
Meine Habseligkeiten hab' ich wieder gepackt un meinem RuckZuckSack untergebracht. Noch zum Doc um mit "fit" sprechen zu lassen und dann... werden wieder meine Wanderschuehe die einzigen "Begleiter" sein. Erstaunlich, wie gut mir diese so klobig wirkenden Schuhe -schwarze Ungetüme- als sonst üblichem "Black Fööss"-Fan getan haben, mag ich nicht genug loben/hervorheben!

Nur, werde ich auch weiter gehen können? Wenn ich's nicht mehr erkennen kann, was vor mir liegt? Wenn ich nicht mehr richtig sehen kann? Wenn Krämpfe meine Beine blockieren?
Nach der fiebrigen Bronchitis und der folgenden Schwäche nun noch diese Beeinträchtigung. Es scheint mir fast, als wenn ich in meinem Wunsch zu pilgern, "behindert" werde. Wie... festgehalten mich fühle. Immer öfter denke ich, hier will man mich nicht weiter gehen lassen!
Und wieder ist der Doc mein tägliches Ziel. Mein täglicher "Spaziergang" voller Hoffnung.

Nitt grade "freudig" sind meine Gedanken, wie's weitergehen soll/kann. "Düstere" Aussichten um meinen Wunsch, die Pilgerreise weiter so in Richtung "Montpellier" als nächstes Etappenziel fortzusetzen. Und bald droht der Winter mir meinen Weg über die Berge nach Spanien zu verwehren: Schneefälle und Eis!

Olargues/Lisson und der geplante Besuch bei der Winzerin Iris Rutz-Rudel ist mehr als ungewiss geworden. Denn von Lisson aus, da käme ich wohl nicht sehr gut weiter. Würde mitten in den Winter kommen, nicht über den hohen Pass des ur-alten Pilgerweges nach Spanien kommen.

Ob ich's Unterfangen "Pilgerreise" aufgeben muß? Ob ich mir mein eigenes Versagen eingestehen muß? Gleich wird's wieder hell. Ein neuer Tag und wieder ein Besuch beim Arzt stehen an. Ich geh's an!

In den letzten Tagen stellt ich mir immer wieder dies Fragen: Ob's/wie's weitergeht? Wie's um meinen "Durchhaltewillen" steht? Ob ich mir nun doch "zu viel" zugetraut habe?
Was wird mir in ein paar Stunden "meine Gesundheit" sagen; vom Doc "übersetzt"/erklärt bekommen? Wo ist mir meine Zuversicht abhanden gekommen? Mein Kopf dreht sich. All' diese Fragen beherrschen mich!

Wie ein "illegaler Fremder" fühle ich mich in mir. Ich suche Trost. Suche Zuversicht und Stärke. Suche einen "Weg" als Pilger, den ich gehen kann. Ist dies Angst, was ich jetzt fühle? Angst, als ein großmäuliger Versager zu gelten. Wie sagte es mein jg. Weinfreund Nick noch vor ein paar Tagen: "Meister der Ankündigungen"! Als ein solcher Depp und >Schwächling< von nun an zu gelten?
Ist's dies, was mich jetzt quält. Oder die Schmerzen durch die brennenden Augen, die Krämpfe im Bein?
"Was man anfängt sollte man(n) auch zu Ende führen"... hörte ich meinen Vater sagen. Wie vor ca. 50 Jahren schon mal: "Durchhalteparole"!
Mal "sehen" was nun auf mich zukommt beim Doc?!

Eure Weinnase,
sich der Pilgerschaft bewusst werdend und hoffentlich bald wieder...
on the road again


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