Weinnasen Pilgerreise 2004

Wie weit noch?


10.10.2004

Zwischenbericht einer pilgernden ollen Weinnase!

Eine "Dependance" von Santiago de Compostela hat Düsseldorf auch. Mitten im Herzen seiner berühmten Altstadt. Auf der Bolkerstr. 10 (Tel.: 0211 - 836 8273) ist das als Bistro aufgebaute Restaurant "Santiago" mit Weinen und diversen Spezialitäten aus Galicien.
Denn in dieser Provinz Spaniens ist der weltberühmte Wallfahrts-/Pilgerort, den ich in ca. 2 1/2 Monaten erreicht haben will!
Alle Tage, von 12:00 bis gegen Mitternacht, begrüßt der Heilige (Apostel) Jakob im Eingangsbereich die verwöhnten Gäste. Das Interieur ist "gediegen" zu nenne. Meisterwerke berühmter span. Maler (alles aber nur Kopien!), Reliquien und viel "typisch Spanien" erwartet den Gast im "Imperium des Primo Lopez", dem heimlichen "Altstadt-König" der Gastronomie.
Als Gastarbeiter -Tellerwäscher- kam er vor Jahren aus Spanien zu uns. Heute beherrscht er (kpl. Restauration einer Straße = Schneider-Wibbel-Gasse!) die Gastro-Szene in Düdo's Herzen, der >Altstadt< ! VIVA ESPANA!!

Meine "Pflege- und Ruhezeit" hab' ich genutzt, um meine Eindrücke und Gedanken während der ersten 240 (von 2.400) km meiner tippelnden Pilgerreise niederzuschreiben und -hoffentlich finde ich noch eine Rast / "Service-Office" - um dies an meine Frau Brigitte, mit der Bitte, alle Blätter etc. an die Echte Barbara Becker zu geben, aufzugeben.
Die Arme: lag ich doch krank und fern darnieder. Und sie konnte mir keine Pflege angedeihen lassen. Meine Brigitte war da schon etwas nervös und beunruhigt. Ich mag da nitt so viel Getös und Gedöns. Es geht ja schon >so< wieder etwas besser. Obwohl... ich stöhn's: Das "Rückengepäck" belastet mich schwerer, als ich's mal dachte!

Es ist seltsam, wie mir >das Schweigen< auf der Pilgerschaft schwerfiel. Außer belanglose, "technische" Gespräche zum Notwendigsten (Weg, Bett & Essen), spricht keiner mit mir. Kein -nettes- Wort. Erst ist's mir gar nitt >so< aufgefallen, aber... ICH rede mit mir. Erschrocken festgestellt sogar oft "laut". Lache, diskutiere und "schmolle" mit MIR!

So "ganz allein" bin ich scheint's nitt. ICH bin bei/mit mir. So etwas seltsames habe ich in meinem Leben noch NIE erfahren/festgestellt. Auch nicht, daß das Leben auf der Straße -on the road again- als Pilger(er), ein starkes Maß von... Selbstdisziplin bedeutet: Viel zu oft interessiert mich, was ich... stehen, liegen, wachsen oder zu lesen sehe. Nun, dies muß warten, ich MUSS gehen!
"Ansehen": Kurz zusehen, hinsehen! Etwas neues in meinem Leben, daß so einst bei mir ein genaues Hinsehen, längeres verweilen und studieren, nachfragen und "probieren" bedeutete. Mehr der Bildung -dem Wissensdurst- unterstehende Reisen, waren der bedeutende Teil meines Lebens.

Nun, ich haste nicht. Eile nicht, gehe nur weiter meinen Weg. Dazu habe ich mir noch nitt mal Wanderkarten, Gebietskarten oder Tourenplanungen gekauft.
Keine Reservierungen gemacht (machen können, da ich meine tägliche "Laufleistung" nicht einschätzen konnte), nicht genau weiß, über/durch welche Orte es geht. Nur die sog. "Himmelsrichtung" = Süd-West = ist mir "vorgegeben". Santiago ist noch so fern und "unendlich"; Frankreich weit weg.
Und der nächste Ort noch 4, 7, 12 km entfernt. Und die "paar" Kilometer heisst's für mich -erstmal- zu schaffen. Den nächsten Schritten muss ich mich widmen. Den nächsten Schritt genau an-/vorsehen um nitt "fehlzutreten"! Meine Last = Übergewicht und Gepäck von 28 kg = muß ich aufnehmen und tippelnd weiter -immer heiter- gehen.
Das "wie weit noch" ist somit irrelevant geworden.

Nach meiner Mittagsrast geh' ich noch so ca. 3-4 Stunden, dann sorge ich mich ums Nachtasyl. Frage nach privaten Zimmervermietern, billigen Pensionen oder rufe bei den naheliegenden Jugendherbergen an, ob ich >gleich< als "Wanderer" vorbeikommen kann.
Erst bei der Buchung/Vorab-Bezahlung gebe ich mich als Pilger zu erkennen. Dies ist aber i.d.R. für meinen "Gastgeber einer Nacht" uninteressant. Die Muschel des Heilg. Jakob ist denen so völlig uninteressant - wie unbekannt!
Deshalb halte ich SIE -die Muschel- nicht mehr in der Hand. Zu oft wurde ich dabei so "komisch" angesehen.

Eure olle Weinnase,
als Pilger on the road again.
z.Zt. noch am Rhein!


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