Weinnase: Geschichten aus Tunesien 2007-2008

16. Brief aus Afrika: Durchs Land der "gefährlichen" Nachspeisen: Tunesien!

17.01.2008

Tunesien ist das nördlichste Land Afrikas, fast die Hälfte -im Süden- des Landes ist Wüste: Die SAHARA!
Auf rund 1.300 km Küstenlänge kommt ds Land; meistens feinsandige "Traum"-Badestrände. Von den ca. 10 Millionen Einwohnern leben in eta 66 % in den Städten (60 Einw./km2) und sind zu 99,4 % Muslime, die die geltende Umgangs- und Amtssprache >arabisch (tunesischer Dialekt)< und gelegentlich die ehemal. "Besatzersprache", französisch sprechen.
Geht man davon aus, daß ca. 3 Millionen Menschen sich in den 4 "Großstädten" -Tunis 2 Mio.- aufhalten, kann man erahnen, wie "leer" das Land (164.150 km2) eigentlich ist. Aber nicht öde oder trist, sondern wohltuend >leer< und still: Vom grünen Norden, über den Steppengürtel Zentral-Tunesiens bis in die (bergige) Küste des Südens.

Ob Tunesien gefährlich sei, fragte mich eine besorgte Bekannte in Düsseldorf. Spontan antwortete ich meiner Gartenfreundin mit einem entschiedenen "NEIN". Heutem, nach fast 7 Wochen Aufenthalt in Nordafrikas "europäischstem" Land muß ich mein Urteil revidieren und in... "im Prinzip NEIN" umwandeln. Hinzufügend "wenn man den so verlockenden Auslagen der Patisserien und auf die Straße strömenden Lock- und Botenstoffen entkommen, bzw. widerstehen kann und in der Regel unter 30/männlich ist! Und wenn man kein >arabisches< Gebäck und Pralinen mag!"
Dann und nur dann kommt man nicht "überfüllt" aus Tunesien zurück. Denn diese nussigen, süßen, schokoladigen, mit div. Früchten gefüllten etc. Nasch-Kunstwerke sind extrem lecker und dazu täglich frisch ein Gedicht, ein "orientalisches Märchen" und dazu noch sagenhaft preiswert. So gefährdet dieser Genuß die mühsam abgeschwommenen und in der Sonne "zerronnenen" Minusbestände an Kilos und erhöht den Cholesterinspiegel.

Zumindest in dieser Eigenschaft gilt Tunesien als ein doch sehr gefährliches Reiseland. In dieser Hinsicht sogar gefährlicher als die Durchquerung des ungeheuer großen Salzsee's, von DOUZ nach TOZEUR im Süden von Tunesien: >CHOTT EL DJERID< am Rande der Sahara. Denn dort nimmt man eher ab als zu! Durch Wasserverlust des Körpers!!
Die Abenteuer eines HERODOT (5. Jhdrt. vor Chr.) oder des Kara Ben Nemsi (von Karl May; Bd. 1: "Durch die Wüste") erlebt man wohl so nicht mehr. 90 Mio. km2 Wüste aber macht die Sahara zum größten und unwirtlichstem Gebiet der Erde. Und sie breitet sich unwiderruflich weiter -auch in Tunesien- aus.
Diese Umwelt-Gefahr ist so real wie der anwachsende Hosenbund-/Gürtelbedarf nach einer lukullischen Tunesienreise: durchs Lande der Nachspeise!

Noch lassen sich die Fluggesellschaften NUR das Übergepäck "saftig" bezahlen. Nur das Übergepäck - noch nicht das Übergewicht eines heimkehrenden Tunesien-Urlaubers. So herrscht wenigstens hier keine Gefahr für die Reisekasse bei 20 kg Freigepäck pro Pers. (M)ein Tipp: alte Gammelklamotten einpacken, im Hotel liegenlassen und billige Leder- und Kleidungssachen im Lande einkaufen. Sie halten zwar meist nur ein Jahr, aber man kommt ja mit Neckermann & Co. nächstes Jahr zu "all inclusiv"-Billig-Urlaub in Tunesien wieder; inclusiv der üblichen Gewichtszulagen und Sauf-Marathons.
Neue Klamotten in neuen -Über-Größen gibts aber auch "alle Jahre wieder" und billig, mit meist gefälschten Labels. Wo also ist hier die Gefahr zu sehen? Man(n) kann doch zu seinen Kilos an Übergewicht (krumm) stehen!

Da sollte man erst einmal die Wandas und Olgas aus Moskau und St. Petersburg sehen. Würdige Nachfolger der "Teutonen" aus den 60/70-igern des vorherhigen Jahrhunders. Und erst die "Tellerberge" vom ALL INCL.-BUFETT. Die mögens sogar >fett< und kalt, Hauptsache die Teller übervoll und den Vodka bis das Hirn "knallt"!
Hurrrrahhh... die Russen sind da, so freuen sich die Tourismusmacher, die mit diesen neuen Gästen mehr Umsatz als mit den überpingeligen Preussen machen!
Sonja und Igor gelten als die Kuchen-Bufett-Stürmer aus Sibirien. Sie halten nie einen der -vielen- Teller schief, so daß ihnen auch nichts von den Fruchtsoßen, Eisträumen und Kuchengebirgen vom Teller runterlief, während ihr Nachtisch-Marathon, Teller um Teller, proppenvoll ablief. Was dann -allabendlich- an der übervollen Bar ablief, glich einem Tsunami an Vodka & Bier. Mancher russische Gospodin soff Whisky und Gin bis nix mehr in ihn hereinging und er, schnarchend wie ein Bär, vom Hocker in die Knie ging und gegen 00:30 Uhr das Barlicht ausging.
Wie den tunesichen Neu-Touristen Land und Leute gefallen haben? Wer kann schon russisch? Und wer wagt sie dies zu fragen?? Wie reagiert ein von Vodka-Eimern voller Gast, wenn man ihn auf deutsch, englisch, französisch oder... spanisch etwas fragt und er es evtl. falsch versteht? Panisch, laut, brutal oder ists im scheißegal?
Auf jedenfall bleiben die Ruskis -laut und fröhlich- unter sich und genießen ihre neue "All-Incl.-Reise-Freiheit".

Brauchten wir um 20+ Jahre Zeit, der Menschheit in den Touristen-Centern, rings in der Welt, zu zeigen, daß wir nicht unter Besitz- und Futterneid, sondern nur unter uneleganter Freßsucht leiden. Heute kurieren wir aus dieser Zeit der Ungehobeltheit und Völlerei manches Wehweh für sehr teures Geld in Wellness- und Spa-System-Centern. Ich denk, "die Russen" werden es uns in 10-15 Jahren zeigen, woran sie durch ihren Wohlstand und Freß- und Sauf-Urlaub dann -wie wir dereinst- leiden und den herzergreifenden Zustand dann neben uns, ruhiger und disziplinierter, versuchen zu kurieren. Zunächt bleibts wohl beim Teller-Siegeslauf und Nasdrowje-Geschrei bis zur nächsten Schlägerei; Ost ./. West-Eropa in Afrka: in Tunesien.
Ich bin überzeugt, in 10-15 Jahren lösen die Chinesen in Scharen die Russen im Touri-Disney-Urlauber-Dorf dann ab. Und nach deren "Besuchen" wird man wohl diese Touri-Center abreissen und... ja, was kommt dann? Welcher Tourist wird dann vermisst? Wer wird in dem Touristen-Trouble und "Massen-Travel" dann als "verehrter Gast" gesucht und so empfangen??

Noch haben wir -auch in Tunesien- solche "Oasen" der gastlichen Hotels. Und es sollen noch enige dazukommen. Denn Betten mit Komfort sind an den Küsten- und Touristenorten im Inneren i.d.R. nur in den von uns nicht gerne besuchten Touri-Groß-Hotel ala Yasmine (Hammamet) oder Djerba zu bekommen. Jeder europäische Reiseveranstalter hat sie, die sterilen Bettenburgen, im Katalog der billigen Reise-Träume.
Leider sind kleine, feine oder landestypische Hotels ("Boutique-Häuser") für den Individual-Reisenden noch sehr, sehr selten und wenn, dann überaus teuer (+ 100 Euro/DZ i.d.R.) aufzufinden. Uns sind einige solcher Traum-Häuser, selbst in der quirligen Medina von Tunis, in bester Erinnerung geblieben als touristische Kronjuwelen Tunesiens. Meist noch mit "passendem" Restaurant und ausgesuchtem Weinangebot versehen in Luxus; Stil der vergangenen Epochen: supermodern oder aufwendig rekonstruiert - oder im komfortablen "Beduinen-Zelt" mit eignem Bad/WC und von heißen Quellen gespeisten Pool in der Wüste.
Ein "B+B"-Angebot ist mir-leider- so nicht bekannt. Wohl aber werden Ferienwohnungen/-häuser und Studios über "privat" angeboten >"a loyer"< steht dann irgendwo, verwaschen, kaum lesbar und 'ne Handy-Tel.-Nr. dazu auf 'nem Pappschild am Haus oder im Fenster oder an Laternen etc. an den Straßen. Das Jugenherbergesystem ist korrekt, im Preis (sehr günstig!) und an fast allen Touristenplätzen antreffbar (auch Zimmer in 2-er Belegung!)! So kann man im Land der "orientalischen Versuchungen", abseits der Touri-Routen und Pseudo-Paläste, vergnüglich und sehr gastlich reisen und genießen!

CpS


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