Weinnase: Geschichten aus Tunesien 2007-2008

19. Brief aus Afrika: Wertewandel auf "berberisch" in Tunesiens Süden!

23.01.2008

Als MERYEY, Sohn von Ded, König der LIBU, seine Expedition ins vor-christliche Reich der Pharaonen =>ÄGYPTEN des Jahres 1.225 vor Christi<= erfolgreich beendete, brachte er etwas Sensationelles vom Nil in den Sahel von Tunesien, dem Gebiet der KSAR-Dörfer der Halbnomaden der Sahara, ins antike Reich der sog. Berber (die sich selber "Freie", "Edele" =>IMAZIGHEN<= nennen!

Der große und in ganz Tunesien veehrte IBN KHALDOUN, ein weit über die Landesgrenzen bekannter und anerkannter Wissenschaftler und "Lehrer", hat in seinen Büchern "Die Geschichte der Berber", dieses "Stammvolk" der Tunesier und der Länder des Maghreb die so wechselvolle Geschichte und Kultur sowie prähistorische Herkunft der ehedem nomadisierenden (christianisierten und judaisierten) Völker und Stämme im NUMIDEN-Reich, erstmals wissenschaftlich festgehalten.
Ein bis in die heutige Zeit gültiges Grundwerk über dieses Volk (=Völker) zwischen Wüste und Mittelmeer, die sich schon im Neolithikum zu riesigen Stammesverbänden =Konföderationen zusammen schlossen und begannen, in sog. konfliktären Lebensweisen -sesshafte Nomaden, Halbnomaden- sich im heutigen Gebiet von Libyen, Algerien und TUNESIEN, im Maghreb (="Westen") niederzulassen.
Sie blieben weitgehend "rein" und "mischten" sich nicht mit den hier schon lebenden negroiden und numidischen Völkern. Dies war der Beginn der "Großreiche" der Berber und ihrer "Oasen-/Speicherstädte" in der vor-punischen/römischen Zeit, Ende des II. Jahrhunderts VOR Christi, als klimatische Katastrophen den Norden der Sahara -ehedem tropisch und feucht- "unbewohnbar" machten!

Die Zeit, in der GAFSA und GABES, eine der wichtigsten Städte an der ur-alten Handelsroute aus der Wüste und Zentral-Afrika bis zum "Wüsten-Hafen" GABES am Mittelmeer war (Dougga, Zauna, Regia, Sicca, Lekef, Bulla Regia und die Oasenstädte TONZEUR, NEFTA etc.). Als die Götter BAAL-HAMMON und TANIT den Numiden-Königen "zur Seite" standen und MASSINISSA sein sagenhaftes Reich (Nachfolg. Jughurta etc.) und Dynastie, eine libysch-punische Zivilisation begründete. Die beginnende "Konkurrezn" der Mittelmeer-Völker, der Griechen und Römer im aufkommenden Seehandel im Mittelmeerraum; bis nach Europa (Spanien, Italien, -Etruskern-, Iberiern etc., Sizilien und, und, und...!

Was aber war das sensationelle "Mitbringsel" von der Expedition des Königssohnes MERYEY aus dem fernen Land am Nil? Es war der WEBSTUHL! Und der Beginn einer erfolgreichen Handwerks-Tradition; mit Manufakturen bis in die heutige Zeit (bei Djerba)!
Dabei wird nicht nur Schaf- und Ziegen sowie Kamelhaar, sondern auch das ALFAGRAS verwoben. Besonders das heutige >MELLITA<, das ehem. punische Effugium, gilt als handwerkliches Zentrum der (traditionellen) Webereien. Bedenkt man, das Tunesiens "Export-Schlager No. 1" -noch vor Oliven, Olivenöl und Mineralien- die Textilien sind, verwundert dies nicht. Es ist hier schließlich eines der traditionellsten Handwerke und Manufakturen seit der Antike; handwerkliche und künstlerische Meisterwerke der Berber-Stämme (neben Ton- und Lederarbeiten, Gold- und Silberschmiede-Kunst von hoher Creativität und Kunstfertigkeit) und "Originalität".

So sind die Kleidungsstücke/Gewänder aus Stoffbahnen bei den Berbern (und genähte Kleidung bei den "städtischen" Berbern) der Oasen und ländl. Gebiete, Teppiche (=Kelims), Abassa (=Stirnbänder der Frauen), Bakhnoug (=Schals) und die Wazra (=Burnusse) als Kapuzenumhänge für die Männer sowie die geometrischen Muster der Mergoums (Teppiche), die Textilien der Berber-Webkunst i.d.R. Bestandteil der Aussteuer und typische "Frauenarbeit" (neben den Töpferarbeiten seit dem Neolithikum 6.000 VOR Chr.).
Die Khroumirie ist dabei -Sejanne- wohl die älteste Gegend der wunderbar archaischen Berber-Töpfereien mit stilisierten braunen/schwarzen geometrischen Mustern auf weißem Hintergrund.

Die echten (sehr selten und nicht "billigen") Schmuckarbeiten aus (meist Silber) den Souks der Silber- und Goldschmiede gehen in Form und Mustern auf Schmuckarbeiten (ajouriert) aus der Periode zwischen dem Bronzezeitalter und der Antike zurück. Emaillearbeiten von hoher Creativität und Kunstfertigkeit auf die Vandalen-Zeit (westgotische Stilelemente), des Zeitalters der aus Andalusien in den Maghreb geflohenen Juden (Judenverfolgung durch die Spanier!) des XVI. Jhdrts.
Sie sind in ihrer Originalität ein wirkliches Kunstwerk und von kenntnisreichen Sammlern sehr begehrt; wenn der Schmuck tatsächlich von Generation zu Generation zu Generation (oft mehrere hundert Jahre "alt") vererbt wurde, einmalige Kunstwerke und sehr selten wie teuer!
Faszinierende, archaisch anmutende Edelmetall-Kunst aus Nomadenhand.

Neben diesen Pretiosen gefielen mir die Webwaren -Kleidung und Teppiche- ganz besonders. Wenn ich sie denn mal fand, selten genug, in den Souks der uralten Medinas -"hinter" allzuviel Billigware, Touri-Krimskrams und überteuerten "Nacharbeiten" =Fälschungen! Die halbstaatlichen ONAT-Geschäfte und/oder linzensierten Verkaufsstellen bieten da etwas mehr "Garantie" und Sicherheit, ein echte Stück tunesischer Handwerkskunst zu fairem Preis erworben zu haben.
Mit der Tradition des gemeinsamen "teetrinkens" und "feilschens" um den >korrekten<, werthaltigen Preis kommt in den Souks -abseits der Touri-Rummels- oft auch ein "Schnäppchenkauf" in die Tüte für zuhause. Wenn man's ausgiebig und geduldige wie traditionelle Feilschen und was von der Handwerkskunst denn auch "gesichert" versteht! Sonst sind die ONAT-Shops die Einkaufsquelle(n) in Tunesien und seinen pitoresken Souks (Märkten) in den Medinas ("alt"-Städten!) von Tunis, Sousse, Sfax, u.s.w.).
An den Stränden oder "Kaufbuden" gibts solche "Kostbarkeiten" natürlich -genauso wenig wie "echten" Safran oder "Rosenöl"/Ambra- NICHT!

Genauso eigenartig wie die Kultur und Sprache der Berber für uns ist, ist immer noch ihre genaue Herkunft noch nicht zweifelsfrei bewiesen. Genauso wie ihr "Auftauchen" in der Geschichte der Menschheit; in Nord-Afrika: als > MECHTA EL ARBI < - Menschen (zu den Cro-Magnon zählend) ca. 10.000 VOR CHRISTI!!
Als judaisierte, christianisierte und später vom Islam aufgenommene Kultur, sind "die Berber" heute nur noch zu ca. 1 % der (tunes.) Bevölkerung "vorhanden"... und sie sterben aus. Verlassen sind ihre urzeitlichen Siedlungsgebiete, werden zu Touri-Abklatsch ihres ehem. so stolzen Daseins als "Beherrscher der Wüsten" und stolzen, edlen Freien, die bislang so stark traditionell in ihrer Wertewelt -abgeschieden- leben und den Reisenden mit ausgesuchter Gastfreundschaft (=Großzügigkeit und Ehre) begegneten!

Diese Berber -BARBAREN- gibt's nicht mehr!
CpS


Anhang: In Med-Ali's Kaffe-Buud!

23.01.2008

Nur noch fünf, sechs hastige Schritte bis zu MED-ALI's kleiner "Kaffe-Buud" an der Hauptstr. unseres Quartiers, im nördlichen Teil des Dorfes gelegen, dann wären wir in "Sicherheit" gewesen. Der sich verdunkelnde Himmel an diesem wolkigen Mittwoch verhieß nichts Gutes. Aber was uns dann, zwei Fußschritte vor der Türe zum Cafe Med-Ali ereilte, galt als ein sehr seltenes Natur-Phönomen hier am Golf von Hammamet, in unserer "Strand-Oase": Schwarzer Himmel und eiskalter Hagel mit ungeheurem Sturm!

Das alstersschwache Radio plärrte was vom "Sheitan" (=Teufel!) und eine(m) "Habibi" (=Liebling!) mit orientalischer Musik-Begleitung in "epischer Breite". Wir waren sehr froh und glücklich, unsere "Zuflucht" in "unserer" Kaffeebuud von Med-Ali mit dem besten Milch-Kaffe für 0,38 TDN die große Tasse (=0,17 Euro!!!) erreicht zu haben. Es saßen die älteren Herren, die immer hier saßen, ein forscher Geschäftsmann im Bissiniss-Dress und wir, "die Europäer" in diesem kl. Café in Nord-Afrika, als es dann geschah: EIS, das vom Himmel fiel, hatten die fünf Alten -und würdigen Herren- selber noch nie gesehen, wohl aber von >aus Europa< gehört! Wohl von dem alerten, wichtigtuenden Bissiniss-Mään!!
Laut wurde es! Alles rief, lachte und lief nach draußen: Ins Unwetter, in den frostigen Hagelschauer. Alte, Greise hoben Hagelkörner -glücklich jauchzend- auf. Kinder tobten vor dem leeren Café durch den Hagel-"Schnee" und sangen mit leuchtenden Augen, Autos standen und hupten grell!! Und genauso schnell, wie die Dunkelheit zum frühen Mittag des letzten Mittwochs übers Dorf kam, es blitzschnell eiskalten Hagel gab, verschwand dieser aber auch. Und die -grelle- Sonne schien wieder!

Nur unser "Obstmann", der die herrlichen süß-saftigen Orangen und scheckigen Birnen voller Aroma körbeweise und ansprechend dekoriert anbot (3 Äpfel, 3 Apfelsinen, 3 gr. Birnen; allesamt von Hand in der nachbarschft gepflückt und von uns für... 1.250 TDN "beglückt" verdrückt (=0,70 Euro) sah etwas bedrückt aus und radebrechte uns, daß das die Ernte (Obst und Feldgemüse) sicher sehr schwer getroffen haben mußte; der verfluchte, eiskalten Hagel-Sturm; zum Sheitan mit dem... Sch...neehaften Winterwetter in unserer "Strand-Oase" fluchte er bei unserem Einkauf.
Das Regenwasser des Dorfes rann, spülte und quoll, lief in Strömen durch die Hauptgassen und Wege dem Meere, und über die "Trockenflüsse" dann ins Mittelmeer rein. Alles stand schuhhoch unter lehmig-braunen Regenwasser. Aber auch die fast trockenen Zisternen und riesigen Reservoirs nahmen, über Dächer und Rinnen, so "dankbar" den kühlen, reinigenden Regen auf und füllten für den kommenden Sommer den Bauern die Tanks und "liefern" den Quellen, im oberen Hügelland, die dringend benötigten -knappen- Wassermengen.
Kein Wunder, wenn hier die Menschen bei Regen GLÜCKLICH sind; und fröhlich, nicht hastig und mürrisch ihren Weg, den Pfützen hüpfend und springend ausweichend weiter gehen, während wir so uns ärgerlich und fluchend, Schutz im Cafe unseres Quartiers nahmen und auf die Sonne -"erlösend"- warten!

Wohl noch sehr lange wird dieses Naturereignis einen ausgiebigen Gesprächsstoff für die Alten im Cafe von Med-Ali sein und den Kindern, für heute den Schulgang "erfreulicher", bieten/machen!
Derweil trocknen wir auf unserer Oasen-Terrasse unsere klitschnassen Sachen und langsam glätten sich unsere mürrischen Gesichtszüge, denn... nun scheint die Sonne -strahlend- wieder!

CpS


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