Weinnase: Geschichten aus Tunesien 2007-2008

24. Brief: Durch die Wüste III: Das islamische IFRIKIA - die "Heilige Stadt" >KAIROUAN!<

31.01.2008

Othman, der Kalif in Ägypten, gab seinen Befehl und Segen (646). Das riesige arabische Heer setzte sich, alles vernichtend und überrennend, zu einem glorreichen Siegeszug in Bewegung, der scheints durch nichts und niemanden zu stoppen war. Das gewaltige ost-römische Reich BYZANZ wurde in zwei vernichtenden Feldzügen (647 und 666 n. Chr.) dauerhaft geschlagen und der Edele Gregorius fand bei Sbeitla seinen schmachvollen Tod.
Damit war die byzant. Herrschaft in Nord-Afrika fast beendet, was >OKBA IBN NAFA< durch die arabisch-islamische Stadt >KAIROUAN<,als prachtvolle Gründung und mächtiges Bollwerk gegen berberisch-christliche Besitzansprüche Karthagos besiegelte. Bis KOCEILA, der ruhmreiche Sieger der byzant.-berberischen Koalitionsarmee, bei Tahuda (Algerien) als Awrabas-König sein kurzlebiges isl. Reich bis 689 -mit Sitz in Kairouan- errichtete, das von ZUHAIR IBN KAIS A BALAWI dann zerstört wurde.

Erst unter dem OMAIJADISCHEN Kalifen ABD EL MALIK und unter Befehl des Eroberers HASSAN IBN NOOMAN wurde im Jahre 695 Karthago erobert, 697 von den Byzantinern zurückerobert und erst im Jahre 700 n. Chr. endgültig eingenommen (unter La Kahena!). Befriedet wurde Byzanz erst (gegen "störrische" Berber) 703 durch MOUSSA IBN NOUS-SAIR. Als IFRIKIA wurde es Teil des omaijadischen Großreichs. Über den ges. MAGHREB bis ins (span.) ANDALUSIEN wurde es Provinz (WILAYA) der allmächtigen Herrscher und Kairouan die prächtige und mächtige Hauptstadt des Riesen-Reiches auf 2 Kontinenten: Europa (Spanien) und Afrika (u.a. Tunesien).
705-800 galt als Blüte- und "Friedenszeit" in der sehr wechselvollen -islamischen- Geschichte des Landes und der Stadt im Sahel, am Rande der Wüste. Die Reihe der "Eroberer" und Herrscher sowie Statthalter der Stadt ist so lang und vielnamig, wie die Geschichte des Islam und seiner "Glaubensrichtungen" im Laufe seiner "stürmischen" Geschichte und wechselnden Dynastien (z.Bsp. 800-909 des AGHLABIDISCHEN EMIRE; 909-973 der FATIMIDISCHEN KALIFE; 972-1148 der ZIRIDISCHEN EMIRE; 1207-1574 der HAFSIDISCHEN SULTANE) bis ins Jahr 1574, durch den Sieg SINAN PACHA's über Tunis, das Osmanische Großreich (Istanbul) hier seine osman. Provinz für sehr lange Zeit errichtete!
Kairouan galt in der damaligen Zeit als "moderne" Großstadt. Durch die im IX. Jhdrt. von Abu Ibrahim Ahmed errichteten Wasserversorgung -über ca. 40 km von den Bergen- kam reichlich Trinkwasser in Bassins (u.a. mit 50.000 m2 Fassungsvermögen!) und konnte die bis zu 200.000 u.m. zählende Einwohnerschar ausreichend und dauerhaft -wie die Feld- und Gartenfrüchte im permanenten Anbau- versorgt werden. Eine enorm starke Befestigung, Gründung von sog. Trabantenstädten mehrte den wachsenden Wohlstand der Stadt aus dem Jahre 670 (des Sidi Okba's Traum) und festigte den Ruf und Wichtigkeit als spirituelles Zentrum des Islam als 4. Heilige Stadt.
Kairouan konnte man mit DAMASKUS, BAGDAD, BYZANZ oder CORDOBA vergleichen, und zählte im Hoch-Mittelalter zu den "Traumstädten" des Islam. Bis Ende des VIII. Jhdrt. Tunis und in Folge MANDIA durch die HAFSIDEN und FATIMIDEN ihr Einfluß drastisch schrumpfte und verlor den Herrschaftsrang ="Regierungssitz" an die v.g., aufblühenden Städte im isl. Ifrikia (Tunesien).
Die heute zu bewundernde >SIDI OKBA-MOSCHEE< (670 n. Chr.) ist in ihrer Geschichte x-fach umgebaut und erweitert worden und zählt mit der NARTHEX-Galerie (2-schiffig!) und großem Gebetssaal (17 Schiffe, 8 Joche, Holzdecken und Kuppeln) als DAS islamische Bauwerk von Rang im Maghreb (Vorbild für die große Moschee in Damaskus)!
Mit heute "nur" 118.000 Einwohnern ist Kairouan, neben MEKKA, MEDINA und JERUSALEM DIE Stadt der Superlative: 89 Moscheen, 50 Mausoleen und sehr -streng- gläubige Muslime - neben bis zu 1,8 Millionen an Pilgern! Ber Bus kommt man, von fast überall, hin. z.Bsp. von Sousse stündlich für knapp 3 TDN.
Daneben gilt die quirlige Pilgerstadt auch als TEPPICH(-Haupt-)STADT (mit entspr. Museum) und das Hotel "LA KASBAH" mit 5 *-Luxus in der (200 Betten!) für ca. 150 TDN/DZ/Nacht als erste Adresse. Preiswerter ist die JUGENDHERBERGE für 5 TDN/Pers./Nacht; ca. 1 km vom Zentrum entfernt und um ausl. Gäste bemüht, am <BAB ECH CHOUHADA<!

So vielfältig sind die -zu besichtigenden- Sehenswürdigkeiten, daß das SAMMELTICKET (auch für Museen) besonders günstig ist. Die Medina ist, nach der von Tunis, die wohl sehenswerteste und lebendigste mit Souks, die "ECHTES" Kunsthandwerk -neben Kitsch-, bes. Teppiche anbieten ("Zerbia" und "Alloucha"-Knüpfteppiche!); fast immer Frauen-Heimarbeit. Achten sollte man auf das ONAT-Siegel um nicht an... "Kitsch"/Fälschungen zu kommen. Das
>"FESTIVAL DU TAPIS"< Ende November beweist die Wichtigkeit dieses traditionellen Handwerks. Die Touristen-Info hat 2 Büros, die auch die Sammeltickets verkaufen. Zentral liegt das Office an der großen Moschee ("Sidi-Okba"), an dem auch (empfehlenswert) offizielle Stadtführer für ca. 15 TDN (1 1/2 Std.) in vielen Sprachen "buchbar" =>VORBESTELLEN<= ist. Vom Dach des Gebäudes/Büro hat man einen tollen Überblick über die Stadt (77-230 452; Mo-Do durchgängig von 8:00-14:00 Uhr!).
Wegen der Vielzahl der "Sehenswürdigkeiten" mag ich nichts bes. empfehlen, sondern den vorherigen Info-Besuch in den/der Touristen-Info (mit Geduld) ganz "besonders empfehlen"/raten!

Die "Heilige Stadt" ist eine ECHTE >Pilgerstadt< für sehr -streng- Gläubige, die uns Europäer und Touristen mißtrauisch bis >missbilligend< als UNGLÄUBIGE ansehen, beobachten und auch... ablehnen! Also... hier besonders "vorsichtig" wie umsichtig sich rücksichtsvoll bewegen und vorgehen (fotographieren).
Die Medina ist hier nicht der einzige "Marktplatz" (hinter 4 km Mauer und durch 2 Tore ["Bab"] erreichbar) der Stadt, den man aufsuchen sollte: >BAB EL TOUNES</Place de Tunis, genau wie das "ECHTE" Teppich-Museum beim ONAT-Bazar in der "Av. Ali Zouaoui"!
Die meisten -geführten- Busreisen schleusen die Touris in einem halben Tag durch die Heilige Stadt, die doch so viel mehr zu bieten hat und entsprechend Zeit und Geduld beansprucht - und Rücksichtnahme bei den Heiligtümern und Gläubigen/Pilgern im Glauben des Islam, die oft von sehr weit -außerhalb Tunesien- angereist, und die Neugier und Rücksichtslosigkeit des Ungläubigen/Touris ertragen müssen!
Stellt Euch mal dies vor: Bikini-Dralligkeiten und laute, bierbäuchige Netzhemd-Träger mit Six-Packs in der "Sixtinischen Kapelle", im VATIKAN/Rom, zum letzten Hit der Spice-Girls hüpfend und pfeifend!
UNMÖGLICH?! Finden die gläubigen Muslime von den "Besuchern" in Kairouan auch! Also... hier rockt der Papst garantiert nicht und Alkohol geht im Islam nun gar nicht; genau wie Bade- oder "leichte Sommerkleidung" =Shorts und T-Shirts auf schwitzigen Leibern mit "MP3-Playern" im "Plärr"-Modus.

Na, dann seht "EUCH" mal Kairouan, die "Heilige Stadt" ordentlich gekleidet an; mögl. mit offiziellen Führern. Es lohnt sich!

Bislama
CpS


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