Weinnasen-Geschichten aus 2005

Ich liebe Träumer!


14.10.2005

Tach aber auch!

Nuygen ist die III. Generation ehedem vietnamesisch-stämmiger Eltern, die den "langen Marsch", den das kommunistische Land einst unter "Onkel Ho" angetreten ist, überlebt haben. Wäre eine Idee eines charismatischen Duetschen nicht und "das Schiff" nicht gewesen: CAP ANAMUR. Das Flüchtlingsschiff.
Das Schiff, das Rettung aus dem Meer für viele tausende Vietnamesen als Flüchtlinge bedeutete. Deutschland wurde die Heimat seiner Großeltern und Eltern, denen es als Flüchtlinge in Containern und unter schwierigsten Bedingungen das Überleben ermöglichte.
Nuygen ist grade mit einem guten Abitur entlassen worden. Er ist nun ein Student in Düsseldorf auf der hiesigen Universität. Er will Philosophie - wie sein Großvater dereinst - studieren. Und er will - eines Tages - in die Heimat seiner Vorväter zurück: Nach Hanoi in Vietnam. Als Gast, der die Sprache seiner Eltern noch spricht, aber das "Gesicht Vietnam's" nicht kennt!
Und nach San Fransisco, in die USA will er, wo ein anderer, überlebender Teil seiner Familie überlebt und als "amerikanische Städter" überleben lässt. Genauso wie seine Eltern betreiben seine Tanten dort ein "vietnamesisches Restaurant"!

Nuygen ist stolz, einen Studienplatz erhalten zu haben, stolz auf seine Eltern, stolz auf seine Abstammung als Vietnamese und Deutscher. Er ist ruhig und bescheiden, fleissig und "gelehrig". Und er hat eine Idee, von der er mir erzählte - mein Versprechen, Stillschweigen zu bewahren, hat er bekommen!
Nuygen hat einen Traum und dne Ehrgeiz, diesen auch zu realisieren. In ein paar Jahren will er mich dann nach Vietnam einladen um mir zu zeigen, wie sein Traum sich verwirklichte und wie das Leben in Vietnam ist, was Vietnam ist und, und, und!

Mir ist aus den Tagen der "Deutsch-Vietnamesischen Freundschaft" nur ein großer, kunstvoller "Teler" aus Binsen mit Goldlack-Malereien - eine Antiquität auf einem schwarzlackierten Schau-Ständer geblieben. Und die Erinnerung an die Zeit des Vietnam-Krieges gegen die USA. Als "Charlie" (=Vietkong-Kämpfer) es den Vereinigten Staaten und seinen Bombern und Raketen sowie Legionen an Soldaten zeigte: Amerikas Vasallen und die amerikanischen Soldaten wurden - zuletzt in Saigon kämpfend - geschlagen.
Der "lange Marsch" war damit zu Ende und die Wende begann - langsam - auch in diesem Land des sozialen Kommunismus in Asien!

"Nuygen's Traum" hat Raum für viele Ideen und die Chance, auch realisiert werden zu können. Da gleicht er "seinem" Land der Vorväter im Bestreben auf Veränderung. Ich möchte nicht versäumen, die Kochkünste seiner Eltern in ihrem kl. Restaurant hier in Düdo zu loben. Nichts, was mir nicht schmeckte. Nichts, was aus dem Wasser kommt, auf dem Wasser schwimmt, in den Lüften fliegt oder auf dem/im Boden lebt, hier nicht geschmackvoll-pikant landet und mit Reis/Nudeln angerichtet sich auf den "bunten" Tellern wiederfindet und nitt viel kostet.

Passende deutsche Weine habe ich dazu gefunden und manch fröhliche Runden im kl., sauberen Restaurant "gefunden" =gefeiert!
Damals saß "Kronprinz" Nuygen oft dabei, wenn ich mit seinem Großvater genüsslich am klapprigen Tisch gesessen und "philosophiert" hatte!
Nuygen's Großvater ist vor 2 1/2 Kahren in Düsseldorf gestorben, ohne sein Versprechen an seinen Enkel halten zu können. Der Alte wollte seinem Enkel und mir, sein Land, VIETNAM, persönlich auf einer "Heimreise" zeigen und an die Stätten seiner Herkunft ud Heimat zurückkehren.
Mit einem deutschen Pass und schlechter, deutscher Aussprache ist er immer noch Vietnamese geblieben: Heimwehkrank ist er dann, nach langer Krankheit hier gestorben. Seinen Traum, dies in Vietnam zu tun, war ihm nicht vergönnt! Er ist ein Fremder - mit deutschem Pass - in einem fremden Land mit schwieriger, fremder Sprache und Kultur geblieben: für immer!

Dankbar waren er und seine Frau den Deutschen und Deutschland geblieben. Den Menschen, dem Land, daß das Überleben der Seinen und solch einen klugen Enkel erst möglich gemacht hat. In seinen täglichen Gebeten und Opferungen bedankte er sich immer dafür. Auch nach dem plötzlichen Herztod seiner Frau - einer freundlichen alten Dame aus "bester" vietn. Familie Hanoi's, vom einstigen Adel abstammend. So wie er auch eigentlich ein Adeliger in seiner Kultur einst war - ein junger Doktor der asiat. Philosophie in einem untergegangenen, alten Reich an China's Grenzen!

In Gedanken seh' ich den gertenschlanken Asiaten - mit Schalk in den dunklen Augen - noch neben mir sitzen und Geschichten aus einem Vietnam-Reich der Vergangenheit erzählend, mit mir *R*iesling-Weißwein genießend! Sohn und Schwiegertochter machten den Service und Küche allein und servierten sehr fein-komponierte Speisen in vielen Näpf'chen und noch mehr Teller'chen zu duftendem Reis. Oft summte er dabei sehr leis', Lieder/Melodien aus dem vergangenen Reich in Asien.
*R*iesling - zumeist halb-trocken ausgebaut oder mit genügend Restsüße versehen und "reif" - begleiteten unsere Köstlichkeiten und Gespräche sowie Gelächter!
Ich erinnere mich noch, darüber mal etwas in's Wein-plus-Forum gepostet und empfohlen zu haben -man(n) könnte es dort finden oder mich ruhig mal fragen. Ich würd's dann "wagen", mit dem/der Suchenden und einem *R*iesling mich wieder in's Vietnam-Restaurant in Düdo aufzumachen, meine "Reise nach Vietnam" auf diese Weise zu machen!

Denn was Nuygen's Großvater mir einst versprach, Nuygen mir ernsthaft gemeint, versicherte, werde ich wohl nicht mehr erleben =machen können: Vietnam in Begleitung eines der Familienangehörigen - denen ich mal half - zu besuchen!
Dies uns vieles andere mehr, ist schon so lange her; ein Traum gewesen. Und wird's wohl bleiben: ein Traum von mir, dem einst die weite WeinWelt - fast überall - offenstand und ich so gastfrei vordand!

Weite Reisen, mir noch unbekannte Länder und Kulturen, Stätten und Naturen, die wird's wohl nitt mehr für mich olle Weinnase geben. Diese Träume werd' ich mir mit meiner Ehefrau Brigitte wohl nitt mehr erfüllen können. Meine Kraft und Gesundheit lässt sichtbar nach. Und mit dem mir verbliebenen "Rest" werde ich mich "auffe Socken" machen und... "on the road again" sein.
Dem "Reinen Wein" verpflichtet, bis jemand >so< über "mich richtet" und ich heimkehren darf. Mich nicht mehr aufrichten werde auf dieser Erde, in einer Welt, die mir nitt immer und >so< gefällt, wie sie sich präsentiert, aber eigentlich >so< nitt sein müsste!
So wird auch Nuygen's Traum enden, mit mir in Hanoi gemeinsam zu beten!


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