Weinnasen-Geschichten aus 2007

Das Ende einer sizilianischen Genuß-Affaire!?

17.08.2007

Bronte, die hl. sizilianische Stadt am Fuße des Ätnas ist DIE Pistazien-Stadt. Hier sollen die besten Pistazien der Welt, in Gärten kultiviert, an/auf Bäumen wachsen. Nur alle zwei Jahre können sie in Massen geerntet werden. Und sie gehören zu einem Küchenstil und einigen sizilianischen Gerichten.
Nur die weißen Früchte werden -reif- geerntet und kommen auf den Markt und in die typischen, regionalen Gerichte, in denen die TOMATE die leckere Hauptrolle spielt.
Pistazien und Tomaten haben ihren außergewöhnlichen Eigengeschmack, halt die Typizität für "CAPONATA"; eine der Fleischspezialitäten ist "COSTOLETTA RIPIENA", das gefüllte Kotelett, dessen Fleisch etwas würziger, süßer schmeckt, als hier das ehe mehr fade, wässrige Schweinefleisch. Maiale oder Porcu heißt es und stammt von mit Eicheln gemästeten, "glücklichen" Schweinen, die auch mit Fare (Pferdebohnen) gefüttert werden. Klein und schwarz und ungemein lebhaft-wendig sind diese fettarmen Rasse-Viecher.
Unvergesslich ist aber das hausgemachte Pistazien-Eis, daß ein Highlight der sizilianischen Küchen ist!

Bronte, der Boden von den ur-alten Ablagerungen der Ätna-Eruptionen gebildet, ist die Gegend des Pistazien-Anbaus in Italien. Was wunderts, wenn hier viele Gerichte mit/von Pistazien gemacht werden. Typische, ur-alte Gerichte, deren Rezepte ich "gierig" über den Gaumen sammelte und danach aufschrieb. Familien-Rezepte der verschiedenen sizilianischen Regionen und Küchenstilen (von denen ich schon berichtete: www.weinnase.de/w2007/w0708-sizilien4.htm) (m)einer sinnlichen Reise, des sizilianischen Genusses wegen.
Wer einmal von diesen Früchten vom Fuße des Vulkans genascht hat, wird die hiesige -oft mit Chemie belastete- Tütenware in den Regalen stehen lassen. Ein kg von besten Pistazien kosten beim "Gärtner"/Bauern "vor Ort" ca. 16/18 Euro. Und dieser Preis gilt als unverschämt "billig"!

Bis auf einige Ausnahmen, sind auch die sizilianischen Weine -noch- preiswert und die Auswahl genießenswert! Überraschend aber auch, daß die BIO-Weine der Insel in einem Spitzenbereich sich stets weiter behaupten konnten. Nun, auch für Naturliebhaber ist doch die Insel, ebenso wie für die wissbegierigen Kultur-Freunde eine Reise wert. Seit Jahren aber auch für den "weltgereisten" Genießer und Weinkenner und Genuß-Romantiker, wie mich, der ollen Weinnase; "on the road again" und nicht immer nur und in Sachen "Reiner Wein" allein.

Nein, eine Sorge wegen der "Mafia", der Cosa Nostra auf Sizilien, hatte ich Mitte/Ende der Neunziger auf der Insel nicht. Eher schon vor der "Pizza-Mafia". Nicht gegen diese -neapoletanische- und in der BRD so richtig "großgewordene" Spezialität, aus einer Volksküche entstanden, wettere und bin ich, sondern daß die meisten -fast alle- Pizzerien die Küche Italiens sein soll und dabei die echten, mir wertvollen "landestypischen Küchenstile" verdrängen und mir meine Genußsuche einengen.
Auf einer Insel wie Sizilien lässt sich dies so folgenschwer feststellen, was diese "Mafia-Torte" gastronomisch für Schaden anrichten kann. Viele Könner unter den wirklichen Köchen gaben der Versuchung und dem lockenden Riesen-Verdienst nach und stellten auf "PIZZA ala... Mamma mia" um und... sie verdienten sich dumm. Derweil ihre Kollegen, der Tradition der regionalen, saisonalen Frische-Küche verpflichtet, sich für den besonderen Genuß und Ruf ihrer Küche oft krummm arbeiteten. Zum größten Teil sind -waren- sie auf Sicilia noch "Eigenerzeuger": Bauern, Züchter, Gärtner oder Fischer, um die "lebendigen" Produkte für ihre Küchen bemüht und besorgt. Den Gast aus Germania mit ihrem vielfältigen, aber immer einzigartigen Können und Spezialitäten zu verwöhnen bis zum wohligen stöhnen!
Einen kleinen -"feinen"- Überblick hatte ich ja von der "Sicilianischen Küche" geben können, um Eure Neugier anzuregen.

Bei den Winzern auf Sizilien tat sich auch etwas -positiv- bewegen. Vor 30, 35 Jahren gings hier noch mittelalterlich zu. Von einer einstigen Würde bis zur bitteren Armut von heute (vor 3,4 Jahrzehnten so zu "erleben").
Außer einem MARSALA-Wein, süß und schwer, den es gab, den aber keiner (gerne) trank, ein paar Landadeligen in der Region Syrakus und an den Ätna-Hängen, die so etwas wie einen süßen -erträglichen- Moscato erzeugten gab es einfach nix! Nix genießbares!!
Ausschließlich Importweine aus dem (italienischen) Norden fanden in den überteuerten (Hotel-)Terrassen-Restaurants um/bei Taormina enttäuschte Genießer.

Noch heute sind bis gut ca. 5-8% der hier produzierten Weine keine DOC's - sie schafften die Qualitätsanforderungen des -amtlichen- "Siegels" nicht. Es ist aber eine massive Tafelwein-Industrie, unter Einsatz von Kühltechniken aus der Neuen Welt und extremen stattlichen (EU-)Subventionen, auf den expandierenden, aber absatzschwachen Markt gedrungen. Nur eine Handvoll Marken (Corvo) -meist der adeligen Weingüter- und international anerkannten Erzeuger -z.Bsp. PLANETA- gibt es.
Der weiße Dessertwein von der äolischen Insel Lipari von dem ich vor Monaten berichtete - der MALVASIA DELLE LIPARI ist so ein seltener DOC-Wein.

Für mich, zu den besseren Produzenten auf Sizilien gehören neben
- PLANETA
- FLORIO
- COTTANERA
- DUCA DI SALAPARUTA (Corvo)
- DONNAFUGATA
- FIRRIATO
- TASCA D'ALMERITA
- SPADAFORA
- COS
- ABBAZIA STA. ANASTASIA
- MORGANTE

natürlich die von mir vorgestellten BIO-Weinbauern und... CARL HAUNER (Salina, Messina, Sicilia/It), den legendären Gründer und Besitzer des Weingutes auf den Inseln (Lipari), der den -nach Aprikosen und Orangen- wohlschmeckenden MALVASIA in aller WeinWelt wieder Respekt und Bekanntheit mit seinem (nicht typisch sizilianischen) Elan bekannt machte.
Einige kleine, aber nichts destoweniger ambitionierte CANTINI (Cantina de.../della...)-Winzer, die fast nur die regionalen Restaurants beliefern (können) sind dabei überraschende Genuß-Funde, die oft, bei den Degu's in froher Runde, bis zum nächsten Sonnenaufgang dauern und neue Weinfreunde bringen können.
Lange Zeit war der ROSSO DEL CONTE auf Sizilien der einzige (!) seriöse Rotwein auf den Tischen der Gastronomia; einen anderen fand ich nicht. Wohl weil Weißwein der meist-produzierte "Inselwein" ist. Was Wunder, daß es -damals- den von mir gesuchten Rosso del Comte von REGALEALI öfter als die weißen Massen- und Verschnittweine auf meinem Tisch zu sehen/stehen gab. Heute gibts viele genießbare IGT-Qualitäten als genüsslichen "kühle" Weißweine; auch moderne Rebsorten, wie der faßvergorene Chardonnay von PLANETA, kommen immer mehr und beachtenswert in die Flaschen und auf den Tisch des Genießers, der ausdrücklich danach fragt.
Und diese vinophile Frage kostet mich nicht nur meinen gesamten Einsatz des italinischen Wortschatzes, sondern große Teile meiner Reisekasse. Weine von "Rasse und Klasse" kosten -wie stets- ihr "verdientes" Geld; ist mir voll auch bewußt!

Abschließend möchte ich noch anmerken, daß das Reich der Demeter viele Invasoren und Kulturen bekanntlich überstanden hat, nur... die Invasion der Heerscharen von pizza-wütigen Billig-Touristen wird die außergewöhnliche Wein- und Küchen-Kultir nicht >so< unbeschadet verkraften können.
Aber dies ist nur (m)eine Meinung als

olle Weinnase,
auf der steten Suche nach -unverfälschtem- Genuß und "Reiner Weine"!

NS:
In absehbarer Zeit werden ich -hoffentlich- wieder mal die Insel Sizilien besuchen und hoffe, ich werde nicht allzuviel über die sich geänderten Verhältnisse fluchen - müssen! >


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