Weinnase: Geschichten aus 2007

Abwarten und Tee trinken!

oder: Wer kennt den Weg nach Ökotopia?

02.09.2007

Tach aber auch!

Von Kalkutta am Ganges, die sehr lebendige, quirlige Stadt am Golf von Bengalen gehts mit einer alten, dampfgetriebenen Eisenbahn hoch in die Berge. Dorthin, wo dereinst die Kolonialherren sich von den schwül-heißen Küstenregionen in die kühleren Berggebiete -Richtung Nepal- zurückzogen. Und auch dort ihre traditionelle Teestunde zelebrierten. Hier waren sie an der Quelle ihres Genußes und gehobenem Wohlstand durch den Tee-Anbau auf der Terrassen und Hügeln des Tales von <DARJEELING>. Teils über 2.700 m.ü.M. und oft im Nebel "verschwunden", liegen die Plantagen aus der Kolonialzeit des British Empire in Indien.

Die ruckelige Schmalspur-Eisenbahn aus dieser Zeit -damals das effizienteste Transportmittel- gleicht einem Museumsstück. Pure Nostalgie. Die Bahn hat moderne Kokurrenz bekommen! Eine vor Jahren erst fertiggestellte 2-spurige Asphalt-Autopiste und eine Flotte von Klein-Bussen und -Lastern, zumeist japanischer Produktion. Aber stets überfüllt und bunt angestrichen, "dekorativ" ausgestattet und schnell, haben sie der "Bimmelbahn" ins Darjeeling-Tal den wirtschaftlichen Rang abgenommen. Wenige Touristen haben die Zeit, um in Muße, diesen doch noch beschwerlichen Weg sich per Dampfkraft, laut, schuckelnd und ruckeln, transportieren zu lassen. Kaum mehr als 2,75 DM kostete diese Fahr für uns (H+R).
Pünktlich sei der Zug nie, sagten mir lächelnde Gesichter der einheimischen Mitreisenden, zumeist vom Volk der ehemaligen Krieger, SIKHS, Männer mit imposanten Bärten, Frauen in bunten Saris und Schulkinder in ihren dunkelgrauen Schuluniformen -kaum ein Europäer- hatten Platz gefunden und waren vergnügt, lustig und neugierig, wohin wir wollten, woher wir kamen und warum wir nicht mit den luxuriösen Mini-Bussen oder geländegängigen "Jeeps" anreisen würden.
Alle kannten die Plantage des "verrückten Rajas". Alle bestaunten seinen Erfolg, den er als erster Tee-Pflanzer aus alter Pflanzer-Familie und Grußgrundbesitzer-Tradition, mit seiner "Hexerei" auf der großen Plantage -mit über 780 Arbeitern- hatte.
Zumeist freundliche, dunkelhaarige Frauen und Mädchen sind als Pfückerinnen eingesetzt. Die Männer sind mehr im Transport und in der Tee-Factory beschäftigt. Sie wussten aber alle, warum sie so schwer und intensiv arbeiteten. Denn schon 1991 hatte der Plantagenbesitzer die Frauen zu Anteilseignern gemacht und sie werden in ca. 10 Jahren alles Land für ihre Familien zurückerhalten. Dies ist der notarielle, fest geschriebene Wille des Rajas, Herr der Plantage, der in den Verdacht der Hexerei einst gekommen war.
Sein "Schicksal" glich dem der europäischen Bio-Winzer der ersten Stunde, die ebenso als Spinner und Verrückte angesehen und gemobbt wie gemieden wurden. Denn er hatte als erster im Darjeeling-Tal den bio-dymanischen Tee-Anbau gewagt und sich dem FAIR TRADE-System angeschlossen. Bessere Qualitäten und lebendige Umwelt, glücklichere Mitarbeiter und höhere Erträge in der garantierten Vermarktung zu fairen Preisen ließen auch andere Pflanzer -neidisch- auf den bereis "fahrenden Zug" aufspringen und ließen ihre mißtrauischen Vorbehalte fallen.

Fast 10 Jahre musste der damals junge Raja "abwarten und Tee trinken", bis er und Rudolf Steiners Methode - im fernen, hohen, Sikhs-Land, im pitoresken Tal von Darjeeling, beachtet und anerkannt wurde.
Wenn er heute in der bunten, kleinen Kreis- und Distrikstadt im alt-ehrwürdigen "Planters Club" präsidierend -wie schon Vater, Großbater und Onkel- sitzt, ist er nicht mehr der gemiedene "Hexer", sondern ein sehr weitsichtiger, kluger Verwalter des Familienerbe und "Wegweiser" für wichtige und richtige (ER-)Neuerungen im Tee-Anbau und Vermarktung.
Und er hat auch unsere Achtung vor diesem "Lebenswerk" bekommen. Immer, wenn ich gerne Tee genieße und abwarte, was so sich noch alles im biodynamischen Weinanbau, Landwirtschaft und Plantageneffizienz und "gesund" für die Welt und unsere Nachkommen getan wird und umgestellt wird, dann gedenke ich auch der beispielhaften Leistung des jungen Rajas in Indien!
Erfolgreich, wenn nicht nur das Geld im Vordergrund steht und man(n) notwendige, neue Wege geht und es um uns Alle und die Umwelt geht.

CpS

NS:
"Merk' dir schon mal meinen Namen" Du wirst ihn die ganze Nacht schreien"!!
Blöder Anmacher-Macho-Spruch! - Hugo Egon Balder -

NS:
Sie aus www.teekampagne.de mit dem Siegel von "ÖKOTEST" >SEHR GUT<!


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